Bei Grundstückseigentümer sind sie das Horrorszenario schlechthin, für Kaufinteressenten bieten sie die Chance, sich relativ kostengünstig einen Traum zu erfüllen: Zwangsversteigerungen von Immobilien.
In Zeiten, in denen die Großstädte aus allen Nähten platzen, Mietpreise steigen und kaum Immobilien leer stehen, bieten derartige Auktionen günstige Gelegenheiten, vor allem für den eher kleinen Geldbeutel. Denn anders als bei freiwilligen Versteigerungen werden hier Immobilien auch schon mal unter ihrem Verkehrswert verkauft.
Wie das funktioniert und unter welchen Voraussetzungen eine Zwangsversteigerung von Immobilien überhaupt zulässig ist, erklärt der folgende Ratgeber.
Zwangsversteigerungen von Immobilien kurz zusammengefasst
Für Zwangsversteigerungen von Immobilien gelten die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, d. h. der Gläubiger benötigt einen Vollstreckungstitel. Näheres erfahren Sie hier.
Wird ein Grundstück auf Zwangsversteigerungen verkauft, so kann der Ersteigerer im Nachhinein keine Mängel geltend machen. Es gibt keine Gewährleistungsrechte.
Wer mit dem Kauf einer Wohnung auf Zwangsversteigerungen liebäugelt, sollte sich daher im Vorfeld gut informieren. Wie Sie das am besten machen, lesen Sie im folgenden Abschnitt.
Inhalte
Zwangsversteigerungen von Immobilien – eine kurze Begriffserklärung
Immobilien kommen auf Zwangsversteigerungen unter den Hammer, wenn deren Eigentümer ihre Raten nicht mehr zahlen können oder wenn sie anderweitig zahlungsunfähig bzw. überschuldet sind.
Wenn jemand seine Schulden nicht mehr bezahlen kann, sollen diese nach dem Willen des Gesetzgebers auf andere Weise beglichen werden, und zwar auf dem Wege der Zwangsvollstreckung. Eine Möglichkeit ist die Zwangsversteigerung vom Haus oder der Wohnung des Schuldners.
Hierbei wird die entsprechende Immobilie beschlagnahmt und anschließend möglichst gewinnbringend verkauft. Den Erlös aus der Versteigerung erhält der Gläubiger, also derjenige, bei dem der bisherige Eigentümer die Schulden hat.
Wann wird ein Haus zwangsversteigert?
Zwangsversteigerungen von Immobilien stellen einen großen Eingriff in die Eigentumsrechte dar. Der hiervon betroffene Eigentümer verliert damit mitunter das Dach über dem Kopf und muss sich eine neue Bleibe suchen. Aus diesem Grund sind die Voraussetzungen hierfür streng geregelt. Unter welchen Bedingungen eine Immobilie versteigert werden darf, regelt das Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG).
Die Zwangsversteigerung der Wohnung oder einer anderen Immobilie ist das letzte Mittel eines Gläubigers, um an sein Geld zu kommen. Zunächst wird er versuchen, seinen Schuldner durch Mahnungen dazu zu bewegen, die offenen Geldforderungen zu tilgen. Wenn das nicht funktioniert, muss er versuchen, seinen Anspruch im Klageverfahren oder im gerichtlichen Mahnverfahren durchzusetzen.
Hat der Gläubiger mit seiner Klage oder dem Mahnverfahren Erfolg, so erhält er am Ende einen sogenannten Vollstreckungstitel. Bei der Klage ist das ein Urteil, beim gerichtlichen Mahnverfahren der Vollstreckungsbescheid.
Dieser Titel erlaubt ihm nun die Zwangsvollstreckung. Vorher muss er jedoch dem Schuldner zugestellt werden.
Zwangsversteigerungen von Immobilien sind dabei nur eine Möglichkeit, die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Der Gläubiger kann auch das Konto pfänden lassen oder eine Lohnpfändung veranlassen.
Unter welchen Voraussetzungen sind Zwangsversteigerungen von Immobilien erlaubt?
Wenn der Gläubiger einen Vollstreckungstitel erwirkt hat und dieser dem Schuldner zugestellt wurde, dann sind die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 750 Zivilprozessordnung (ZPO) erfüllt.
Neben Gerichturteilen und Vollstreckungsbescheiden gibt es noch weitere Vollstreckungstitel, z. B.:
- gerichtliche Vergleiche mit einem vollstreckungsfähigen Inhalt
- Kostenfestsetzungsbeschlüsse
- anwaltliche Vergleiche, die für vollstreckbar erklärt wurden
- Insolvenztabellen
- notariell beurkundete dingliche Vollstreckungsunterwerfung des Schuldners, mit der sich dieser verpflichtet, die Zwangsvollstreckung aus seinem Grundeigentum zu dulden
Zwangsversteigerungen von Immobilien unterliegen jedoch noch einer weiteren Bedingung: Der Schuldner muss als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen oder Erbe des Eigentümers sein.
Weitere Bedingungen muss der Gläubiger in der Regel nicht erfüllen:
- Er ist nicht verpflichtet, zuerst eine Mobiliarpfändung zu betreiben, also z. B. Sachen des Schuldners in dessen Wohnung pfänden zu lassen.
- Es gibt auch keine Mindestbetragsgrenze für Schulden, ab welcher Immobilien auf Zwangsversteigerungen verkauft werden dürfen. Bei Bagatellforderungen ist dies jedoch nur zulässig, wenn der Gläubiger seinen Schuldner mehrmals erfolglos aufgefordert hat zu zahlen.
Wie funktioniert eine Zwangsversteigerung beim Haus? Der Ablauf
Das ZVG regelt nicht nur, unter welchen Voraussetzungen Zwangsversteigerungen von Immobilien durchgeführt werden dürfen, sondern auch, wie das Verfahren abläuft.
Zuerst muss der Gläubiger die Zwangsversteigerung beim Vollstreckungsgericht beantragen. Wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind, ordnet es die Zwangsversteigerung in einem entsprechenden Gerichtsbeschluss an und ersucht das Grundbuchamt, diese Anordnung im Grundbuch einzutragen.
Dieser Beschluss gilt als Beschlagnahme des Grundstücks. Der Eigentümer darf es nun nicht mehr anderweitig veräußern.
In einem nächsten Schritt beauftragt das Gericht einen Gutachter, der die Immobilie untersuchen und in einem Verkehrswertgutachten deren Verkehrswert ermitteln soll.
Ziel ist es, bei der Versteigerung mindestens diesen Verkehrswert zu erzielen oder – wenn dies nicht gelingt – 70 bis 50 Prozent dieses Wertes.
Das sollten Sie beachten, wenn Sie auf einer Zwangsversteigerung ein Haus kaufen wollen
Grundsätzlich kann bei einer Zwangsversteigerung jeder mitbieten, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und damit geschäftsfähig ist. Allerdings ist es ratsam, sich auf diese Auktion gut vorzubereiten.
Vorbereitung auf die Zwangsversteigerung: Gutachten zum Grundstück und Informationsbeschaffung
Ob Sie auf Zwangsversteigerungen von Immobilien ein Schnäppchen machen können, können Sie beurteilen, wenn Sie alle Informationen zusammentragen, die Sie zu dem Grundstück bekommen können. Das ich nicht immer ganz einfach. Denn der Noch-Eigentümer muss niemanden zur Besichtigung auf sein Grundstück bzw. in die Wohnung lassen, nicht einmal den Gutachter, der den Verkehrswert ermitteln soll.
Sie sollten daher immer zweierlei bedenken: Der bisherige Eigentümer verkauft nicht freiwillig, sein Eigentum wurde beschlagnahmt. Wenn er daher dem Gutachter den Einlass verweigert, kann dieser auch nicht alle relevanten Informationen in seinem Gutachten aufnehmen und berücksichtigen.
Um zu entscheiden, ob sich der Kauf für Sie lohnt, benötigen Sie jedoch folgende Informationen:
- Lage der Immobilie und den Schnitt des Grundstücks
- Ausstattung und Bebauung mit Baujahr, Zustand und Größe
- etwaige Mängel (z. B. Schimmelbefall, gesundheitsschädliche Baustoffe wie Asbest)
- mögliche Sanierungsbedürftigkeit bestehender Gebäude
Interessenten sollten daher vor den Zwangsversteigerungen von Immobilien das jeweilige Verkehrswertgutachten genau studieren, ohne dabei die darin enthaltenen Informationen und den Verkehrswert als alleinige Entscheidungsgrundlage heranzuziehen. Es ist außerdem ratsam, sich das Grundstück vor Ort genau anzusehen. Manchmal bietet sich die Gelegenheit, mit dortigen Nachbarn ins Gespräch zu kommen und auf diese Art mehr über das Wunschobjekt zu erfahren.
Haus kaufen auf Zwangsversteigerungen – Mitbieten unter folgenden Bedingungen
Weil Zwangsversteigerungen von Immobilien immer öffentlich stattfinden, darf auch jeder Bürger teilnehmen und mitbieten. An ein paar Bedingungen ist die Teilnahme dennoch geknüpft.
Mitbieter müssen ihren Personalausweis mitbringen. Wer für jemand anderen mitbieten möchte, benötigt hierfür eine entsprechende notarielle Vollmacht, die ihn hierzu berechtigt. Das gilt übrigens auch für Ehegatten.
Wer die Immobilie für ein Unternehmen ersteigern möchte, muss einen beglaubigten Handelsregisterauszug vorlegen können. Dieser muss den Mitbieter dazu berechtigen, das Unternehmen zu vertreten. Der Auszug sollte aktuell sein, das heißt, möglichst nicht älter als 15 Tage.
Wie aktuell dieser im Einzelfall sein muss, erfragen Sie bitte direkt bei der Abteilung für Zwangsversteigerungen des zuständigen Amtsgerichts. Denn dies wird von Versteigerungsgericht zu Versteigerungsgericht unterschiedlich gehandhabt.
Kaufinteressenten müssen bei Zwangsversteigerungen von Immobilien immer damit rechnen, dass sie unmittelbar nach der Abgabe ihres Gebots aufgefordert werden, eine Sicherheitsleistung zu hinterlegen. Diese beträgt gewöhnlich 10 Prozent des Verkehrswerts der Immobilie und kann von den Verfahrensbeteiligten wie Schuldner und Gläubiger beantragt werden.
In der Regel werden folgende Sicherheitsleistungen akzeptiert:
- Überweisung des Betrags auf das Konto der Kosteneinziehungsstelle der Justiz
- Bundesbank- und Verrechnungsschecks
Nicht zulässig sind hingegen folgende Sicherheitsleistungen:
- Bargeld und Sparbücher
- Wertpapiere und private Schecks
- schriftliche Bestätigung der eigenen Bank über den aktuellen Kontostand
Versteigerungstermin: Gebot, Zuschlag und dessen Rechtsfolgen
Bei jedem Termin zu Zwangsversteigerungen von Immobilien werden zunächst die wesentlichen Eckdaten zu dem Versteigerungsobjekt bekanntgegeben, z. B.:
- die Gläubiger, welche das Versteigerungsverfahren veranlasst haben
- deren Ansprüche
- der vom Gericht festgesetzte Verkehrswert
- ob das Grundstück bzw. die Immobilie mit Schulden belastet ist, z. B. in Form einer Grundschuld (diese müsste der Ersteigerer übernehmen)
- Anschließend stellt das Gericht das geringste zulässige Gebot fest. Dieses soll zumindest die Verfahrenskosten bei derartigen Zwangsversteigerungen von Immobilien decken und diejenigen Forderungen ausgleichen, die Vorrang haben vor den Ansprüchen der eigentlichen Gläubiger.
Nun beginnt die Bieterstunde, die mindestens 30 Minuten dauern muss. In dieser Zeit können Interessenten ihre Gebote abgeben. Zulässig sind dabei nur solche Gebote, die das geringste Gebot erreichen oder übersteigen.
Derjenige, der den höchsten Betrag bietet, erhält letztlich den Zuschlag. Damit geht das Eigentum sofort auf den Mitbieter über, der den Zuschlag erhält. Das Gericht erteilt den Zuschlag per Beschluss.
Der Zuschlagsbeschluss gilt gleichzeitig als Räumungstitel gegenüber dem Alt-Eigentümer. Mietverhältnisse bleiben hingegen bestehen. Der Käufer kann jedoch innerhalb der gesetzlichen Frist kündigen, muss dann aber ein berechtigtes Interesse nachweisen.
Sobald der Zuschlagsbeschluss Rechtskraft erlangt, setzt das Gericht einen Termin zur Verteilung des Verkaufserlöses fest.
Sechs bis acht Wochen nach der Versteigerung findet gewöhnlich die Übergabe der Immobilie statt. Den Termin hierfür legt ebenfalls das Gericht fest. Anschließend wird der Käufer als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen.
Zwangsversteigerungen von Immobilien enden übrigens nicht immer mit dem ersten Versteigerungstermin.
Der Gläubiger kann einen zweiten Termin beantragten, wenn das höchste Gebot unter 70 Prozent des Verkehrswerts liegt.
Beträgt das Höchstgebot sogar weniger als 50 Prozent, muss das Gericht den Zuschlag ebenfalls ablehnen und einen zweiten Versteigerungstermin ansetzen.
Rechte und Pflichten der Bieter bei Zwangsversteigerungen von Immobilien
Wir hatten bereits festgestellt, dass ein Verkehrsgutachten nicht immer alle wichtigen Informationen beinhaltet. In diesen Fällen erfährt der Ersteigerer erst bei der Übergabe, wie sein neues Hab und Gut wirklich beschaffen ist. Es besteht also immer ein gewisses Risiko, dass notwendige Sanierungen oder eventuelle Beschädigungen hohe Folgekosten verursachen, die vorher nicht bekannt waren.
Diese Gefahr sollten Mitbieter immer im Auge behalten, wenn sie ein Haus auf Zwangsversteigerungen kaufen wollen. Das eigene Gebot ist immer bindend und kann im Nachhinein nicht mehr zurückgenommen werden. Sie schließen damit praktisch einen Vertrag ab, von dem Sie nicht mehr zurücktreten können.
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