Schuldner, die Privatinsolvenz beantragen, haben einen langen Weg vor sich. Zunächst müssen sie versuchen, sich mit ihren Gläubigern außergerichtlich zu einigen. Erst wenn dieser Versuch scheitert und eine anerkannte Schuldnerberatungsstelle oder ein Anwalt dies bescheinigt, kann der Schuldner Insolvenz beantragen.
Was ist die Wohlverhaltensphase in der Privatinsolvenz? Wurde das Privatinsolvenzverfahren eröffnet und scheitert der vorherige gerichtliche Einigungsversuch, durchläuft der Schuldner das vereinfachte Insolvenzverfahren. Die Wohlverhaltensphase folgt anschließend. Mit dieser Phase befasst sich der folgende Ratgeber. Er soll Klarheit darüber schaffen, was Schuldner in diesem Zeitraum dürfen und was nicht.
Genauere Informationen zu dieser Gesetzesänderung, mit der EU-Recht in deutsches Recht umgesetzt wurde, finden Sie in unserem Ratgeber über die Restschuldbefreiung.
Wohlverhaltensphase kurz zusammengefasst
Die Wohlverhaltensperiode dauert gewöhnlich sechs Jahre ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung. Sie endet mit der Restschuldbefreiung.
In diesem Zeitraum treffen den Schuldner verschiedene Obliegenheiten. Welche das sind, können Sie hier nachlesen. Kommt er diesen Pflichten nicht nach, riskiert er die Versagung seiner Restschuldbefreiung.
Ein neuer Kredit sollte in der Wohlverhaltensphase vermieden werden, weil anderenfalls eine Versagung der Restschuldbefreiung drohen kann. Er ist außerdem nur mit Genehmigung des Insolvenzverwalters zulässig.
Inhalte
Was bedeutet „Wohlverhaltensperiode“? – Pflichten und Obliegenheiten des Schuldners
Wann beginnt die Wohlverhaltensphase? In der Privatinsolvenz bezeichnet diese Phase den Zeitraum zwischen der Aufhebung der Insolvenz und der Erteilung der Restschuldbefreiung. Rein rechnerisch beginnt sie aber bereits mit der Eröffnung der Privatinsolvenz.
Wenn der Schuldner in dieser Phase all seinen gesetzlichen Pflichten und Obliegenheiten nachkommt, steht einer Restschuldbefreiung gewöhnlich nichts mehr im Wege. Kommt er seinen Pflichten hingegen nicht nach, kann ihm diese Befreiung versagt werden. Welche Pflichten hat der Schuldner nach der Insolvenz während der Wohlverhaltensphase?
Er muss einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen. Hat er keine Arbeit, muss er sich um einen entsprechenden Arbeitsplatz bemühen und darf zumutbare Stellenangebote nicht ablehnen, § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Während der Wohlverhaltensphase müssen Erben in der Insolvenz die Hälfte der Erbschaft abführen, 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Es steht ihm jedoch frei, die Erbschaft auszuschlagen.
Wechselt der Verbraucher während der Wohlverhaltensphase seinen Arbeitsplatz oder seinen Wohnsitz, so muss er dies unverzüglich sowohl dem Insolvenzgericht als auch Insolvenzverwalter mitteilen, § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Auch hinsichtlich der Aufnahme einer Beschäftigung besteht Auskunftspflicht.
Des Weiteren trifft den Insolvenzschuldner die Pflicht, dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder etwaige Bewerbungsbemühungen zu erteilen, § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO.
Der Betroffene muss weiterhin den pfändbaren Teil seines Einkommens an den Insolvenzverwalter abgeben.
Er darf ausschließlich an den Insolvenzverwalter zahlen und nicht mehr an die Insolvenzgläubiger, § 295 Abs. 1 Nr. 4 InsO.
Auf diese Weise soll vermieden werden, dass einer der Gläubiger übervorteilt wird.
Heilung von Obliegenheitsverletzungen
Versäumt es der Insolvenzschuldner, seine Obliegenheiten zu erfüllen, so war unter Umständen alle Mühe umsonst. Denn im Falle einer Obliegenheitsverletzung während der Wohlverhaltensphase kann die Restschuldbefreiung versagt werden, § 296 InsO. Der Betroffene wäre dann auch nach dieser Phase weiterhin verschuldet.
Das kann z. B. dann passieren, wenn es der Insolvenzschuldner versäumt, dem Insolvenzgericht oder dem Insolvenzverwalter mitzuteilen, dass er seit längerer Zeit einen neuen Arbeitsplatz hat. In diesem Fall hätte er es versäumt, diese Änderung unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, mitzuteilen.
Betroffene können dennoch auf eine Restschuldbefreiung hoffen. Denn unter Umständen ist die Heilung einer solchen Obliegenheitsverletzung möglich. Allerdings ist diese Möglichkeit in der Rechtsprechung umstritten. In der Regel kommt eine Heilung nur dann in Betracht, wenn:
- der Schuldner seine Pflichtverletzung selbst aufdeckt und
- er seine Obliegenheit nachholt.
Dies geht aus Beschlüssen des Bundesgerichtshofs vom 03.02.2011 (Az. IX ZB 99/09) und vom 22.10.2009 (Az. IX ZB 9/09) hervor:
Die Heilung einer Obliegenheitsverletzung durch den Schuldner kommt nicht mehr in Betracht, wenn sie von anderer Seite aufgedeckt worden ist.“
Kredit in der Wohlverhaltensphase?
Während dieses Zeitraums sind die Geldmittel des Betroffenen sehr beschränkt, weil er das pfändbare Vermögen abgeben muss, um so möglichst viele Schulden abzubauen. Größere Ausgaben sind aufgrund dessen kaum möglich, sodass der Insolvenzschuldner für eine größere Anschaffung auf die Idee kommen könnte, einen Kredit aufzunehmen.
Weil er aber wegen des Insolvenzverfahrens über kein pfändbares Vermögen verfügt, stehen die Aussichten darauf eher schlecht. Seriöse Banken und Kreditgeber werden bei einer solchen Bonität und aufgrund des entsprechenden SCHUFA-Eintrags einen Kredit eher ablehnen.
Findet sich dennoch ein Geldgeber, so sollte der Schuldner auf seine Verbraucherinsolvenz und die damit verbundene Zahlungsunfähigkeit mangels pfändbaren Vermögens hinweisen.
Die Aufnahme von einem Kredit während der Wohlverhaltensphase ist aus zwei Gründen kritisch zu betrachten:
- Insolvenzgläubiger, die von der Kreditaufnahme erfahren, können unter Umständen die Versagung der Restschuldbefreiung verlangen. Dies gilt vor allem, wenn der Betroffene einen Kredit aufnimmt, ohne dass dieser vom Insolvenzverwalter genehmigt wurde. Dies gilt auch für einen Dispo-Kredit.
- Die neuen Schulden, die durch den Kredit entstehen, sind von der Restschuldbefreiung der aktuellen Privatinsolvenz nicht umfasst. Für neue Forderungen und Ansprüche muss der Schuldner also in voller Höhe aufkommen. Ein neues Privatinsolvenzverfahren ist erst in zehn Jahren wieder möglich.
Aus den besagten Gründen sollten Insolvenzschuldner keine neuen Schulden eingehen und auch keine Kredite aufnehmen. Schließlich bezweckt das laufende Verfahren gerade, dass der Schuldner nach der Wohlverhaltensphase ein neues, schuldenfreies Leben beginnen kann.
Wohlverhaltensphase: Mit welcher Dauer müssen Schuldner rechnen?
Die Wohlverhaltensphase bei der Privatinsolvenz stellt wohl den Verfahrensabschnitt dar, der am längsten dauert. Sie beginnt mit der Schlussverteilung und endet gewöhnlich nach fünf Jahren. Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich bei der Privatinsolvenz die Wohlverhaltensphase auf eine Dauer von fünf oder sogar drei Jahren verkürzen. Wie lange die Phase im Einzelfall dauert, hängt davon ab, welche und wieviel Kosten der Schuldner tilgt.
- Wer zum Zeitpunkt der Beantragung der Restschuldbefreiung alle Verfahrenskosten bezahlt hat, kann diese Befreiung nach insgesamt fünf Jahren ab Verfahrenseröffnung erhalten.
- Wenn es der Schuldner darüber hinaus schafft, zusätzlich zu den Verfahrenskosten 35 % der Gläubigerforderungen zu zahlen, kann schon nach drei Jahren ab Eröffnung der Privatinsolvenz Schuldenfreiheit erlangen.
- Eine weitere Möglichkeit zur Verkürzung der Wohlverhaltensphase ist das sogenannte Verbraucherinsolvenzplanverfahren. Dies ist ein erneuter Einigungsversuch mit den Gläubigern. Wenn diese dem Plan zustimmen, ist das Verfahren sofort beendet, sofern der Schuldner die im Plan vereinbarten Summen zahlt.
Welche Dauer im individuellen Fall in Betracht kommt, hängt maßgeblich von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Insolvenzschuldners ab.
Privatinsolvenz: Was passiert nach der Wohlverhaltensphase?
Nach der Wohlverhaltensphase kann der Betroffene im Idealfall ein schuldenfreies Leben beginnen, sofern er inzwischen keine neuen Schulden eingegangen ist. Hat der Verbraucher diesen Zeitraum erfolgreich hinter sich gebracht, erlässt das Gericht einen neuen Beschluss, die sogenannte Restschuldbefreiung. Das bedeutet, dass alle Altschulden entfallen, auch wenn sie noch nicht abbezahlt wurden. Gläubiger können daher nicht mehr wegen dieser alten Forderungen gegen ihn vorgehen.
Macht der Schuldner in der Insolvenz oder während der Wohlverhaltensphase neue Schulden, so wird er hiervon nicht befreit. Auch Geldstrafen sind nicht von der Restschuldbefreiung umfasst.
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Halil
16. Mai 2022 um 8:55 Uhr
Hallo
bei mir ist 27.04.21 insolvensverfahren aufgehoben jetz läuft Restschuldbefreiung Oktober 22 werd genau 5 jahre was denk ihr ob ich ab Oktober schuldenfrei leben kann ?
Wie ist mit Lohnsteuer jahres erklerung darf ich ab dem seit 27.04.21 nach insolvensaufhebung von steuer geld bekommen ?
VG
Halil
Marta E.
4. Mai 2021 um 21:21 Uhr
Hallo,
wie errechnet sich der Freibetrag, der einem monatlich zusteht? Werden hier alle Einnahmen zusammengezählt, die Buchungen zusammengerechnet oder werden alle Kontovorgänge kumulativ zusammengerechnet (also z.B. 50 Euro Kontostand Vormonat; + 500 Euro Geldeingang; Zwischensumme 550 Euro; – 200 Euro Geldabgang; Zwischensumme 350 Euro usw.)?
Kerstin
22. März 2021 um 18:20 Uhr
Darf ich in der Wohlvehaltensphase meine Arbeitszeit von 35 Stunden auf 30 Stunden reduzieren?
SeniorRossi
7. August 2019 um 11:22 Uhr
Moin! Bin in der PI bin und bisher habe ich 479€ aus der Tätigkeit verdient und Rest durch Jobcenter , nun hat man mir im April 2018 vom Jobcenter angedroht ,mich in Maßnahmen zu stecken worauf ich den Job den ich ausübe hätte aufgeben müssen , das wollte ich jedoch nicht un habe auf Leistungen des Jobcenters verzichtet. Habe mit meiner Geschwistern & sehr Guten Freunden gesprochen ,die mich dementsprechend unterstützen ,damit ich mich über Wasser halte. Nun möchte der Insolvenzverwalter zu den Lohnabrechnungen noch die Bescheide des Jobcenters haben ,die es logischerweise nicht mehr gibt. Was kann mir passieren? Denn es glaubt doch niemand das man (auch wenn es so ist,da ich ne große Familie (3 Brüder 3 Schwestern habe) Unterstützung in diesem Umfange möglich macht. Ich werde aber auch vom Arbeitnehmer Lohnmäßig hochgestuft im kommenden Monat.
privatinsolvenz.net
9. August 2019 um 15:09 Uhr
Hallo,
über mögliche Folgen kann Sie ein Anwalt aufklären.
Ihr Team von privatinsolvenz.net
mueller
24. Februar 2019 um 8:39 Uhr
mein bruder hat nach 3 jahren 100% des geldes auf ein anderkonto zusammen und ist heute noch (5 Jahre) in der insollvenz.mittlerweile hat er ein überschuß von 28000 euro angespart. das geld liegt immer noch auf dem anderkonto,selbst die gläubiger wurden bis vor einem monat nicht bezahlt.mittlerweile ist das geschehen und der treuhändler hat sich auch seine 10000 euro genommen.entscheidet der treuhändler wie er will ,je länger die insollvenz desto mehr verdient er, keine moeglichkeit in den prozess einzuwirken.selbst eine klage beim insollvenzgericht die insollvenz vorzeitig zu beenden, ( alle kosten bis auf den letzte cent) werden von meinem bruder gezahlt,nicht einen euro vom steuerzahler) und trotzdem wird die insollvenz bis zum letztn durchgezogen. warum, wer verdient alles bei der vetternwirtschaft und warum hat man als gäubiger keinerlei rechte? mfg