Stellt ein Schuldner oder sein Gläubiger einen Insolvenzantrag, so prüft das Insolvenzgericht zunächst, ob es das Insolvenzverfahren eröffnen kann. In dieser Zeit kann es zu einem Wettstreit zwischen den Gläubigern kommen. So könnten sie versuchen, vor der Insolvenzeröffnung ihre Forderungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu sichern.
Die Zwangsvollstreckung Einzelner gefährdet jedoch die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger im Insolvenzverfahren. Denn das Schuldnervermögen (Insolvenzmasse) wird dadurch vermindert, sodass das Verfahren mangels Masse entweder nicht eröffnet werden kann oder ein Insolvenzverwalter die gepfändeten Sachen und Forderungen zurückfordern muss.
Ein vorläufiger Insolvenzverwalter soll diese Schwierigkeiten verhindern. Das Insolvenzgericht kann ihn gemäß § 21 Insolvenzordnung (InsO) bestellen, um eine nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhindern.
Vorläufiger Insolvenzverwalter kurz zusammengefasst
Ja, das Insolvenzgericht kann im Eröffnungsverfahren einen vorläufigen Insolvenzverwalter einsetzen, wenn dies erforderlich ist, um die Insolvenzmasse zu sichern.
Die Rechte und Befugnisse des vorläufigen Insolvenzverwalters können unterschiedlich stark sein, je nachdem, ob damit eine Verfügungsbeschränkung für den Schuldner damit einhergeht oder nicht. Nähere Informationen stehen hier zur Verfügung.
Der Unterschied zum endgültigen Insolvenzverwalter besteht vor allem darin, dass der vorläufige die Insolvenzmasse nur sichern, aber nicht verwerten soll.
Inhalt
Wann und wozu wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt?
In dem Moment, in dem ein Insolvenzantrag eingereicht wurde, beginnt das vorläufige Insolvenzverfahren bzw. das Eröffnungsverfahren. In dieser Phase prüft das Insolvenzgericht, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung erfüllt sind, insbesondere ob ein Insolvenzgrund vorliegt und ob genügend Schuldnervermögen vorhanden ist, um wenigstens die Verfahrenskosten zu decken.
Für diesen Zeitraum kann das Gericht Sicherungsmaßnahmen im Sinne des § 21 InsO anordnen. Eine davon ist die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, wenn dies zur Sicherung der Insolvenzmasse erforderlich ist.
Ein vorläufiger Insolvenzverwalter spielt im Eröffnungsverfahren eine wesentliche Rolle. Diese Funktion kann jede natürliche Person ausüben, wenn sie vom Schuldner unabhängig und mit diesem in gerader Linie weder verwandt noch verschwägert ist. Auch zu den Gläubigern muss er die notwendige (wirtschaftliche) Distanz haben.
Außerdem muss der Verwalter über fundierte juristische und wirtschaftliche Kenntnisse verfügen und sich regelmäßig fortbilden. Meistens werden Anwälte, Betriebswirte oder Wirtschaftsprüfer in dieser Position eingesetzt.
Vorläufiger Insolvenzverwalter: Aufgaben und Rechte
Die Befugnisse des vorläufigen Insolvenzverwalters ergeben sich nicht aus dem Gesetz. Das Gericht bestimmt dessen Rechte und Aufgaben im Beschluss für jedes Verfahren individuell.
Je nach Umfang seiner Rechte kann ein starker oder schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter zum Einsatz kommen. Wie seine Rechtsstellung im Einzelfall ausgestaltet werden kann, erläutert § 22 InsO näher.
Ein vorläufiger starker Insolvenzverwalter hat eine vergleichbare Stellung wie ein endgültiger. Beide haben eine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners.
Zu den Aufgaben und Pflichten des starken vorläufigen Verwalters gehören:
- Erhaltung und Sicherung des Schuldnervermögens
- Fortführung des insolventen Unternehmens
- Prüfung, ob das Schuldnervermögen die Verfahrenskosten deckt
Ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter hat nicht so weitreichende Befugnisse. Er ist ebenfalls zur Sicherung der Insolvenzmasse verpflichtet, allerdings ohne dass dem Schuldner ein Verfügungsverbot auferlegt wird. In diesem Fall legt das Gericht genau fest, welche Pflichten der Insolvenzverwalter zu erfüllen hat. Dabei dürfen seine Befugnisse nicht über die eines starken Verwalters hinausgehen.
In der Praxis bestellt das Gericht meist einen schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter. Gewöhnlich geht dessen Bestellung mit einem vorläufigen Vollstreckungsverbot für Insolvenzgläubiger einher. Meistens sieht der entsprechende Gerichtsbeschluss auch vor, dass Verfügungen des Schuldners – z. B. eine Veräußerung – von der Zustimmung des Verwalters abhängen.
Unterschied: Vorläufiger Insolvenzverwalter und endgültiger Insolvenzverwalter
Das Amt des vorläufigen Insolvenzverwalters endet in folgenden Fällen:
- Die Insolvenzmasse wurde gesichert.
- Der Schuldner oder der Gläubiger nimmt seinen Insolvenzantrag zurück.
- Der Insolvenzantrag hat sich erledigt.
- Das Gericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckender Insolvenzmasse ab.
Eröffnet das Gericht das Verfahren, so tritt der endgültige Insolvenzverwalter an die Stelle des vorläufigen. Meistens übernimmt jedoch ein und dieselbe Person beide Ämter. Der einzige Unterschied zwischen diesen beiden liegt darin, dass ein vorläufiger Insolvenzverwalter das Schuldnervermögen lediglich sichern und erhalten soll, anstatt es zu verwerten.
Vergütung: Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter anders bezahlt als ein endgültiger?
Der endgültige Insolvenzverwalter wird nach den §§ 64, 65 InsO vergütet und erhält seine Auslagen erstattet. Dabei setzt das Gericht die Höhe der Vergütung fest. Grundlage der Bestimmung bildet dabei der Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens.
Auch ein vorläufiger Insolvenzverwalter wird für seine Arbeit bezahlt, allerdings nach etwas abweichenden Regelungen. So besagt § 63 Abs. 3 InsO folgendes:
„Die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters wird gesondert vergütet. Er erhält in der Regel 25 Prozent der Vergütung des Insolvenzverwalters bezogen auf das Vermögen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. […]“
Die Berechnungsgrundlage war bereits Gegenstand der Rechtsprechung. So beschäftigte sich zum Beispiel auch der Bundesgerichtshof (BGH) mit dieser Frage.
Laut BGH berechnet sich die Mindestvergütung, die ein vorläufiger Insolvenzverwalter verlangen könne, nach der Gläubigeranzahl, …
„… denen nach den Unterlagen des Schuldners offene Forderungen gegen den Schuldner zustehen, soweit mit einer Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren zu rechnen ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich der vorläufige Verwalter mit den Forderungen konkret befasst hat.“
[Quelle: BGH, Beschluss vom 04.02.2010, Az. IX ZB 129/08]
Bildnachweise:
– fotolia.com/ivan kmit
– fotolia.com/nmann77
– fotolia.com/Stockfotos-MG
– fotolia.com/cameris
– istockphotos.com/jojoo64