Dass der Gläubiger seine Geldforderung im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen will, ist legitim. Dabei muss er sich aber an die gesetzlichen Regeln halten. Auch der Gerichtsvollzieher, der Rechtspfleger und der Richter können bei der Vollstreckung nicht einfach nach Belieben vorgehen. Vielmehr schreibt die Zivilprozessordnung (ZPO) genau vor, auf welche Art und Weise die jeweilige Maßnahme zu erfolgen hat.
Verstoßen die Vollstreckungsorgane gegen die gesetzliche Verfahrensweise, so kann sich der Schuldner dagegen wehren – mithilfe der Vollstreckungserinnerung, die in § 766 ZPO geregelt ist.
Vollstreckungserinnerung kurz zusammengefasst
Die Vollstreckungserinnerung richtet sich als Rechtsbehelf gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung.
Während der Schuldner jeden Verfahrensfehler geltend machen kann, können Gläubiger und Dritte dies nur tun, wenn sie hierdurch negativ in ihren Rechten beeinträchtigt werden.
Die Vollstreckungserinnerung ist an keine bestimmte Frist oder Form gebunden. Das Gericht prüft umfassend, ob die gerügte Maßnahme ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
Inhalt
Erinnerung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung
Die Erinnerung gegen die Zwangsvollstreckung richtet sich gegen Verfahrensfehler, also gegen die Art und Weise, wie die Vollstreckungsmaßnahme erfolgt bzw. wann.
Das beginnt schon bei den allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung. So darf der Gläubiger nur dann Vollstreckungsmaßnahmen veranlassen, wenn er einen entsprechenden Titel besitzt, dieser mit einer entsprechenden Klausel versehen ist und der Titel dem Schuldner zugestellt wurde. All diese Bedingungen muss der Gerichtsvollzieher prüfen, bevor er z. B. beim Schuldner klingelt, um dort eine Sachpfändung durchzuführen.
Die Vollstreckungserinnerung des Schuldners kann sich demnach gegen folgende Verfahrensfehler richten:
- fehlender Vollstreckungstitel
- Titel wurde dem Schuldner nicht zugestellt
Die Klausel bescheinigt offiziell, dass die Zwangsvollstreckung aus dem vorliegenden Titel zulässig ist. Titel und Klausel müssen unter anderem die Parteien, also Schuldner und Gläubiger, genau bezeichnen. Stirbt der Gläubiger, so tritt sein Erbe in dessen Rechtsposition. Er darf aber erst vollstrecken, wenn der Titel auf ihn als Rechtsnachfolger umgeschrieben wurde. Fehlt eine solche titelumschreibende Klausel auf den Rechtsnachfolger, kann sich der Schuldner hiergegen mit der Vollstreckungserinnerung wehren.
Pfändungsverbote und Zwangsvollstreckung zur Unzeit
Es gibt jedoch noch andere typische Fehler, gegen die sich der Vollstreckungsschuldner wehren kann.
Ein Fall für die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO ist beispielsweise die „Vollstreckung zur Unzeit“ im Sinne von § 758a Abs. 4 ZPO. Als Unzeit gelten Sonn- und Feiertage sowie die Nachtzeit zwischen 21 und sechs Uhr.
Bei der Vollstreckung in Wohnungen braucht der Gerichtsvollzieher hierfür eine richterliche Anordnung.
Außerdem darf der Gerichtsvollzieher keine unpfändbaren Sachen im Sinne des § 811 ZPO beschlagnahmen. Gegen ein solches Pfändungsverbot würde er beispielsweise verstoßen, wenn er die Katze des Schuldners oder dessen Arbeits-Laptop pfänden würde.
Es gibt noch andere Pfändungsverbote, deren Missachtung eine Vollstreckungserinnerung rechtfertigt. Diese kommen z. B. bei der Gehaltspfändung zum Tragen. Hierzu zählt neben den unpfändbaren Bezügen nach § 850a ZPO – wie etwa Weihnachtsgeld bis zu 500 Euro, Urlaubsgeld und Aufwandsentschädigungen – vor allem der Pfändungsfreibetrag laut Pfändungstabelle.
Welche Wirkung entfaltet eine erfolgreiche Vollstreckungserinnerung?
Der Schuldner ist dann erfolgreich mit seiner Vollstreckungserinnerung, wenn die von ihm beanstandete Vollstreckungsmaßnahme nicht auf diese Art hätte vorgenommen werden dürfen. Dabei prüft das Vollstreckungsgericht nicht nur die gerügten Verfahrensfehler, sondern alles – das gesamte Verfahren einschließlich seiner Voraussetzungen.
Stellt das Gericht fest, dass die Zwangsvollstreckung Verfahrensfehler aufweist, so erklärt es die entsprechende Maßnahme für unzulässig. Dann muss der Gerichtsvollzieher seine fehlerhaft durchgeführte Maßnahme wieder aufheben.
Auch der Gläubiger und ggf. Dritte können gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung eine Vollstreckungserinnerung erheben. Voraussetzung ist, dass der jeweilige Antragsteller in seiner Rechtsstellung negativ beeinträchtigt wird. Beim Gläubiger ist das etwa der Fall, wenn der Gerichtsvollzieher seinen Auftrag abweist oder sich über Weisungen des Gläubigers hinwegsetzt.
Wie reiche ich die Vollstreckungserinnerung ein?
Weder gilt für die Vollstreckungserinnerung eine bestimmte Frist noch muss der Antragsteller eine bestimmte Form einhalten. In der Praxis legt der Schuldner die Erinnerung schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle ein.
Achtung! Zwar ist dieser Rechtsbehelf an keine Frist gebunden, allerdings ist die Vollstreckungserinnerung unzulässig, wenn sie nach Beendigung der Vollstreckungsmaßnahme eingelegt wird – also nach Auszahlung des Verwertungserlöses an den Gläubiger.
Der Inhalt des Antrags zur Vollstreckungserinnerung und insbesondere dessen Begründung variieren. Der Antrag muss sich auf jeden Fall gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckungsmaßnahme richten. Die Begründung richtet sich danach, welche Verfahrensvorschriften fehlerhaft angewendet oder missachtet wurden.
Aus diesem Grund existiert kein allgemeingültiges Muster für die Vollstreckungserinnerung des Schuldners. Der Antrag muss immer den Umständen des Einzelfalls angepasst und entsprechend begründet werden. Hierbei kann ein Rechtsanwalt helfen, der genau prüft, ob das Vollstreckungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde und die Erinnerung überhaupt Aussicht auf Erfolg hat.
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