Allein im ersten Halbjahr 2018 wurden laut Angaben des Statistischen Bundesamtes 9.968 Unternehmensinsolvenzen von deutschen Amtsgerichten gemeldet.
Die meisten Fälle gab es dabei im Baugewerbe, dicht gefolgt von Unternehmen, die im Wirtschaftsbereich Handel tätig sind. Auf Platz drei und vier sind das Gastgewerbe sowie Unternehmen, die freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen anbieten, zu finden.
Doch wann kommt es überhaupt zu einer Unternehmensinsolvenz und wie läuft diese ab? Diese und weitere Fragen beantworten wir im folgenden Ratgeber.
Genauere Informationen zu dieser Gesetzesänderung, mit der EU-Recht in deutsches Recht umgesetzt wurde, finden Sie in unserem Ratgeber über die Restschuldbefreiung.
Unternehmensinsolvenz kurz zusammengefasst
Die Unternehmensinsolvenz ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für das Verfahren der Regelinsolvenz. Sie kommt laut Insolvenzrecht nur für Selbstständige, Freiberufler sowie juristische Personen (z. B. GmbH, eingetragener Verein oder KG) in Frage.
Im Zuge der Insolvenz wird das Unternehmen entweder aufgelöst (Liquidierung) oder ihm wird aus der Krise heraus geholfen (sog. Unternehmenssanierung).
Ja, die Möglichkeit gibt es, jedoch nicht für das Unternehmen selbst. Lediglich natürliche Personen können auf eine Restschuldbefreiung hoffen.
Weitere Ratgeber zur Insolvenz von Unternehmen
Unternehmenssanierung Insolvenz in EigenverwaltungInsolvenz bei einer GmbHSchutzschirmverfahren
Inhalte
Was ist die Unternehmensinsolvenz? Eine Definition
In Deutschland gibt es zwei verschiedene Formen der Insolvenz: die Privat- und die Regelinsolvenz. Erstere heißt offiziell Verbraucherinsolvenz und kann nur von Personen durchlaufen werden, die noch nie selbstständig tätig waren. Eine Ausnahme besteht jedoch: Ehemalige Selbstständige können die Privatinsolvenz beantragen, wenn sie maximal 19 Gläubiger haben und keine Forderungen mehr aus Arbeitsverhältnissen bestehen.
Wer jedoch aktuell noch selbstständig ist, ehemals selbstständig war und die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt oder wenn es sich um eine juristische Person – also beispielsweise um einen eingetragenen Verein, eine GmbH oder eine AG – handelt, dann kommt nur die Regelinsolvenz in Frage. Diese ist in der Umgangssprache eher als Unternehmensinsolvenz bekannt.
Wann muss ein Unternehmen ein Insolvenzverfahren anmelden?
Juristische Personen sind unter gewissen Voraussetzungen dazu verpflichtet, eine Unternehmensinsolvenz anzumelden. Insgesamt gibt es drei Eröffnungsgründe, welche alle in der Insolvenzordnung (InsO) näher definiert werden:
- Zahlungsunfähigkeit
- Drohende Zahlungsunfähigkeit
- Überschuldung
Der erste allgemeine Grund, warum ein Unternehmen ein Insolvenzverfahren anstreben muss, ist die Zahlungsunfähigkeit. Laut § 17 Abs. 2 InsO ist ein Unternehmen dann zahlungsunfähig, wenn es nicht dazu in der Lage ist, alle fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.
Von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit wird gemäß § 18 Abs. 2 InsO ausgegangen, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht dazu in der Lage sein wird, seine Zahlungspflichten zu erfüllen, wenn diese fällig werden.
Handelt es sich um eine juristische Person, ist auch die Überschuldung ein Eröffnungsgrund für eine Unternehmensinsolvenz. Sie liegt laut § 19 Abs. 2 InsO vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt.
Gründe für Unternehmensinsolvenzen in Deutschland
Doch wie kommt es überhaupt dazu, dass ein Unternehmen insolvent wird? Der Kreditschutzverband von 1870 ist für das Jahr 2015 zu wichtigen Ergebnissen bezüglich der Insolvenz von Unternehmen gekommen. Er benennt die folgenden übergeordneten Kategorien:
- Fehler bzw. Verlustquellen im innerbetrieblichen Bereich: 51 Prozent
- Externe Auslöser bzw. Verlustquellen: 15 Prozent
- Fahrlässigkeit: 11 Prozent
- Persönliches Verschulden: 9 Prozent
- Kapitalmangel: 9 Prozent
- Sonstige Gründe (z. B. Krankheit): 5 Prozent
Unternehmensinsolvenz: Welcher Ablauf ist vorgesehen?
Die Unternehmensinsolvenz kann sowohl vom Schuldner selbst als auch von einem Gläubiger angemeldet werden. Ansprechpartner ist hierbei das zuständige Insolvenzgericht. Im Anschluss prüft das Gericht sämtliche Unterlagen und stellt fest, ob die Insolvenzmasse ausreicht, um die Verfahrenskosten zu tragen. Ist das nicht der Fall, wird das Verfahren mangels Masse abgelehnt.
Kommt das Insolvenzgericht zum Entschluss, dass alle Voraussetzungen für die Unternehmensinsolvenz erfüllt werden, ergeht ein Eröffnungsbeschluss und das eigentliche Insolvenzverfahren wird eingeleitet. In einem sogenannten Berichtstermin der Insolvenz gibt der eingesetzte Insolvenzverwalter Auskunft darüber, wie es um die wirtschaftliche Lage des Unternehmens bestellt ist und ob sich eine Sanierung lohnen würde.
Je nach Ausgangslage kommt es entweder zur Sanierung oder Liquidierung des Unternehmens. Lohnt es sich, der Firma wieder auf die Füße zu helfen, kann dies entweder durch den Insolvenzverwalter geschehen oder aber der bisherige Unternehmensträger behält die Kontrolle und saniert das Unternehmen mit einem Insolvenzplan.
Regelinsolvenz für natürliche Personen
Natürliche Personen, also in der Regel Selbstständige und Freiberufler, profitieren von einigen Sonderregelungen bei der Unternehmensinsolvenz. Bei ihnen ist die Zahlungsunfähigkeit ein Eröffnungsgrund. Stellen sie selbst den Antrag auf Eröffnung des Verfahrens, wird auch die drohende Zahlungsunfähigkeit als Grund anerkannt.
Nachdem der Antrag auf Unternehmensinsolvenz eingereicht wurde, wird dieser vom Insolvenzgericht geprüft. Im Unterschied zur Insolvenz von juristischen Personen haben Schuldner hier die Möglichkeit, die Insolvenz zu durchlaufen, auch wenn die Insolvenzmasse nicht dazu ausreicht, um die Verfahrenskosten zu tragen. Wie auch bei der Regelinsolvenz können Schuldner eine Stundung der Verfahrenskosten beantragen.
Werden alle Voraussetzungen erfüllt, setzt das Gericht einen Insolvenzverwalter ein und das eigentliche Insolvenzverfahren beginnt. Die Vermögenswerte des Insolvenzschuldners werden vom Insolvenzverwalter gesichert und im Anschluss verwertet. Das Geld geht dann an die Gläubiger.
Wohlverhaltensphase in der Unternehmerinsolvenz
Nach dem Schlusstermin der Unternehmensinsolvenz wird das Verfahren aufgehoben. Im Gegensatz zur Regelinsolvenz von juristischen Personen beginnt dann für Selbstständige oder Freiberufler die Wohlverhaltensperiode. Ein Schuldner darf in dieser Zeit weiterhin selbstständig tätig sein, wenn der Insolvenzverwalter dies erlaubt, weil die Weiterführung erfolgversprechend erscheint.
In der Wohlverhaltensphase der Unternehmensinsolvenz muss der Schuldner gewisse Pflichten erfüllen. Dazu gehören unter anderem die folgenden:
- Er muss einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen. Wie bereits erwähnt, kann er unter Umständen auch selbstständig bleiben.
- Er darf keine eigenständigen Zahlungen an Gläubiger leisten. Das würde eine Bevorteilung bestimmter Gläubiger bedeuten.
- Zieht er um oder wechselt er den Arbeitsplatz, muss er dies dem Insolvenzverwalter melden.
- Er muss das pfändbare Einkommen an den Insolvenzverwalter abgeben. Ist der Schuldner selbstständig, wird ein fiktives Einkommen angenommen, welches sich an der Höhe des Einkommens orientiert, welches er bei einer angemessenen Arbeit im Angestelltenverhältnis erhalten würde.
- Erbt der Schuldner, muss er die Hälfte an den Insolvenzverwalter abgeben.
Im Gegensatzzu einer GmbH oder einer AG kann eine natürliche Person bei der Unternehmensinsolvenz am Ende des Verfahrens die Restschuldbefreiung erreichen. Alle noch bestehenden Schulden können dann – bis auf wenige Ausnahmen – nicht mehr von den Gläubigern eingefordert werden.
Zu erwartende Dauer: Wann das Insolvenzverfahren für Unternehmen endet
Die Unternehmensinsolvenz für Selbstständige und Freiberufler endet also mit der Restschuldbefreiung. Doch wie ist es um die Länge des Insolvenzverfahrens bestellt?
In der Regel endet die Wohlverhaltensphase, nachdem das Unternehmen eines Selbstständigen pleite gegangen ist, nach sechs Jahren.
Dann erfolgt die Restschuldbefreiung, wenn er die oben genannten Verpflichtungen erfüllt hat. Unter gewissen Voraussetzungen kann die Wohlverhaltensphase jedoch verkürzt werden:
- Sie endet schon nach drei Jahren, wenn in dieser Zeit die gesamten Verfahrenskosten sowie 35 Prozent der Forderungssumme getilgt wurden.
- Die Wohlverhaltensphase ist nach fünf Jahren beendet, wenn der Schuldner in diesem Zeitraum wenigstens die Kosten für das Verfahren bezahlen konnte.
Bildnachweise:
– fotolia.com/Edler von Rabenstein
– istockphoto.com/shironosov
– fotolia.com/machiavel007
– fotolia.com/memyjo
– depositphotos.com/AntonMatyukha
– fotolia.com/fotofabrika