„Sehr geehrter Herr X, mir liegt ein Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft wegen eines Anspruchs auf Zahlung von 150 Euro aufgrund folgenden Schuldtitels […] vor.
Für den Fall, dass die Forderung nicht rechtzeitig oder nicht vollständig beglichen wird, habe ich auf Antrag des Gläubigers einen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft auf Freitag, den 13. Juli 2017, um 13:100 Uhr in […] anberaumt.“
Wenn der Gerichtsvollzieher per Anschreiben dazu auffordert, einen solchen Offenbarungseid zu leisten, sitzt der Schock erst einmal tief. Wie geht es weiter? Was ist die Abgabe der Vermögensauskunft? Und welche Folgen hat solch eine eidesstattliche Versicherung für mich als Schuldner? Diese und andere Fragen werden im Folgenden beantwortet.
Offenbarungseid kurz zusammengefasst
Der Schuldner muss die Vermögensauskunft an Eides statt versichern, das heißt deren Wahrheit und Vollständigkeit beteuern.
Der Offenbarungseid hat eine Dauer von zwei Jahren. In diesem Zeitraum muss der Schuldner normalerweise keine neue eidesstattliche Versicherung abgeben.
Nur wenn der Gläubiger glaubhaft machen kann, dass sich die finanzielle Situation des Schuldners wesentlich verbessert hat, muss dieser auch innerhalb von zwei Jahren eine neue Auskunft abgeben.
Inhalt
Was ist ein Offenbarungseid? – Vermögensauskunft im Zwangsvollstreckungsrecht
Der Offenbarungseid ist eine veraltete Bezeichnung für die eidesstattliche Versicherung. Eine solche Versicherung muss ein Schuldner dann abgeben, wenn der Gerichtsvollzieher ihn zur Abgabe einer Vermögensauskunft auffordert. Dieser Eid ist nichts weiter als eine besondere Beteuerung der Wahrheit und Vollständigkeit der Auskunft.
Der Offenbarungseid hat besondere Bedeutung für Gläubiger und Schuldner. Beginnen wir mit der Perspektive des Gläubigers. Er hat eine Geldforderung gegen seinen Schuldner. Das kann z. B. eine offene Rechnung für gelieferte Waren sein. Es ist nur verständlich, dass ein Gläubiger seine Produkte auch bezahlt bekommen möchte.
Wenn der Schuldner auf Mahnungen nicht reagiert, bleibt dem Gläubiger nur die Möglichkeit einer zwangsweisen Durchsetzung seines Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung. Hierauf muss er sich jedoch vorbereiten und z. B. herausfinden, ob der Schuldner überhaupt pfändbares Vermögen besitzt.
Das können wertvolle Gegenstände, Immobilien, aber auch Arbeitseinkommen oder Bankguthaben sein. An diese Informationen gelangt er, indem er beim Gerichtsvollzieher die Abgabe der Vermögensauskunft beantragt.
Bei dieser Auskunft muss der Schuldner seine gesamte finanzielle und wirtschaftliche Situation offenlegen und mit dem Offenbarungseid versichern, dass seine Angaben vollständig und richtig sind. Auf diese Art erfährt der Gläubiger zum Beispiel folgendes:
- Name und Geburtsdatum des Schuldners
- Informationen zu Beruf, Arbeitgeber und Arbeitseinkommen
- Familien- und Güterstand sowie Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder
- bezogenes Elterngeld
- bewegliches Vermögen, wie Bargeld, Möbel, wertvolle Kunstgegenstände, Schmuck und Fahrzeuge
- Renten und Rentenanwartschaften
- Steuererstattungsansprüche gegen das Finanzamt
- Kontodaten einschließlich IBAN und Kontostand
- bestehende Lebensversicherungen
- Ansprüche aus Pacht- und Mietverhältnissen
- Grundstücke oder Wohnungseigentum
Wann darf der Gläubiger einen Offenbarungseid beantragen?
Der Gerichtsvollzieher wird Sie nur dann zur Abgabe einer Vermögensauskunft auffordern, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Gläubiger hat einen vollstreckbaren Titel gegen Sie erwirkt, z. B. in Form eines Vollstreckungsbescheids oder eines Urteils. Auch ein gerichtlicher Vergleich, Beschlüsse oder notarielle Urkunden sowie rechtskräftige Bescheide einer Behörde können als Vollstreckungstitel dienen. Offene Rechnungen oder Mahnungen genügen hingegen nicht, um den Schuldner zur Vermögensauskunft aufzufordern.
- Der Gläubiger muss die Vermögensauskunft beim zuständigen Gerichtsvollzieher beantragen. Der Schuldner kann diese jedoch nicht selbst beantragen.
- Wenn ein Schuldner bereits innerhalb der letzten zwei Jahre einen solchen Offenbarungseid abgelegt hat, muss er dies jetzt nicht wiederholen. Dann genügt es, wenn er dem Gerichtsvollzieher Aktenzeichen und Datum der früheren Vermögensauskunft mitteilt.
- Eine erneute Auskunft innerhalb dieser zwei Jahre ist nur erforderlich, wenn der Gläubiger glaubhaft machen kann, dass sich die Vermögenssituation des Schuldners deutlich verbessert hat.
- Sie müssen übrigens keinen Offenbarungseid während der Privatinsolvenz abgeben. Während des Insolvenzverfahrens ist die Aufforderung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung unzulässig.
Ich soll einen Offenbarungseid ablegen – wie wird die Vermögensauskunft abgenommen?
Der Gerichtsvollzieher lädt den Betreffenden gewöhnlich in seine Geschäftsräume ein und setzt hierfür einen entsprechenden Termin fest, den der Schuldner wahrnehmen muss.
Nur im Falle einer Erkrankung oder bei ähnlich dringenden Gründen können Sie diesen Termin absagen. Dann sollten Sie den Gerichtsvollzieher jedoch umgehend informieren und nachweisen, warum Sie die Auskunft nicht abgeben können (ärztlicher Attest).
Im Rahmen des Offenbarungseids ist ein umfangreicher Fragebogen über Einkommen und Vermögen auszufüllen. Alle Frage müssen vollständig beantwortet werden. Anschließend versichert der Erklärende an Eides statt, dass sämtliche Angaben vollständig sind und der Wahrheit entsprechen.
Tipps für Schuldner zur Vermögensauskunft und zum Offenbarungseid
Bereiten Sie sich gut auf die eidesstattliche Versicherung vor, indem Sie alle Unterlagen zusammensuchen, aus denen Informationen zu Ihrem Vermögen und Einkommen hervorgehen. Dies sind beispielsweise Arbeitsverträge, Versicherungsverträge, Konto- und Bankunterlagen, behördliche Leistungsbescheide und Unterlagen über eigene Immobilien oder Wohnungseigentum.
Bewahren Sie eine Kopie des Vermögensverzeichnisses und der Vermögensauskunft in Ihren Unterlagen auf.
Wenn Gläubiger Sie zur Zahlung drängen, können Sie diese über den Offenbarungseid informieren und ihnen das Aktenzeichen und den Namen des zuständigen Gerichts aushändigen. Diese Vorgehensweise empfiehlt sich vor allem dann, wenn Ihre Auskunft ergibt, dass Sie über kein pfändbares Vermögen oder Einkommen verfügen.
In diesem Falle werden die Gläubiger eher kein Risiko eingehen, indem sie wenig aussichtsreiche Pfändungsmaßnahmen veranlassen.
Nach dem Offenbarungseid: Welche Folgen hat die Vermögensauskunft für den Schuldner?
Wechseln wir nun zur Perspektive des Schuldners. Ihm kann die eidesstattliche Versicherung bzw. der Offenbarungseid schlaflose Nächte bereiten. Denn die Abgabe der Vermögensauskunft schützt nicht vor der Zwangsvollstreckung. Im Gegenteil: Sie dient deren Vorbereitung. Wenn die Auskunft ergibt, dass der Schuldner über pfändbares Vermögen verfügt, dann muss dieser auch mit einer Pfändung rechnen. Weil er nun genau weiß, was der Schuldner besitzt, kann er nun gezielt pfänden.
Ist der Schuldner hingegen vermögenslos bzw. liegt sein Einkommen unterhalb des Pfändungsfreibetrags, so wird der Gläubiger eher keine Zwangsvollstreckung betreiben. Die Schulden bleiben trotzdem bestehen, und zwar 30 Jahre lang. Solange berechtigt der Vollstreckungstitel den Gläubiger, seine Forderung per Zwangsvollstreckung durchzusetzen.
Die Abgabe der Vermögensauskunft wird ins Schuldnerverzeichnis aufgenommen. Dies wirkt sich erheblich auf die eigene Kreditwürdigkeit aus. Außerdem hat der Offenbarungseid einen negativen SCHUFA-Eintrag zur Folge.
Sowohl ein Wohnungswechsel als auch ein seriöser Kredit trotz Offenbarungseid gestalten sich dann mitunter recht schwierig. Vermieter legen großen Wert auf Bonität und werden keinen Vertrag mit einem zahlungsunfähigen bzw. kreditunwürdigen Mieter schließen.
Kredite, die trotz Vermögensauskunft vergeben werden, sind gewöhnlich mit hohen Zinsen verbunden und nicht immer seriös.
Trotz der Unannehmlichkeiten sollten Sie den Termin zur eidesstattlichen Versicherung nicht versäumen und die Auskunft auch nicht grundlos verweigern. Anderenfalls kann der Gläubiger einen Haftbefehl und dessen Vollstreckung beantragen, um den Offenbarungseid zu erzwingen. Sie müssen dann solange ins Gefängnis, bis Sie die erwünschte Auskunft erteilt haben, maximal jedoch für sechs Monate.
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