Nicht immer ist eine Erbschaft mit einem finanziellen Vermögenszuwachs zugunsten der Erben verbunden. Wenn der Verstorbene Schulden hinterlassen hat, können die Erben hierfür in die Pflicht genommen werden. Nach § 1967 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) haften diese unbeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten, und zwar auch mit ihrem eigenen Vermögen.
Erben haben jedoch verschiedene Möglichkeiten, ihre Haftung einzuschränken. Neben der Nachlassverwaltung und der Dürftigkeitseinrede bietet sich hierfür das Nachlassinsolvenzverfahren an. Dieser Ratgeber beschäftigt sich mit dem letzteren Verfahren.
Nachlassinsolvenzverfahren kurz zusammengefasst
Das Nachlassinsolvenzverfahren sorgt dafür, dass Erben nur mit dem Nachlass für Nachlassverbindlichkeiten bzw. geerbte Schulden haften, nicht jedoch mit ihrem persönlichen Vermögen.
Das Gericht eröffnet das Verfahren nur, wenn ein Eröffnungsgrund vorliegt, also bei (drohender) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Nachlasses.
Nachlassgläubiger müssen ihre Insolvenzforderungen beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anmelden.
Inhalt
Was bezweckt das Nachlassinsolvenzverfahren und wer darf es beantragen?
Dieses Verfahren dient nicht nur dem Erben, dessen Haftung hierdurch beschränkt wird. Sie bezweckt auch die gleichmäßige Befriedigung der Nachlassgläubiger.
Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind dabei die folgenden Parteien:
- jeder Erbe
- jeder Nachlassgläubiger innerhalb von zwei Jahren nach Annahme der Erbschaft
- der Nachlassverwalter oder ein anderer Nachlasspfleger
- der zur Nachlassverwaltung berechtigte Testamentsvollstrecker
Wenn die Erben oder ein Nachlassverwalter von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des Nachlasses wussten, so sind diese sogar verpflichtet, unverzüglich das Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen. Anderenfalls können die Nachlassgläubiger Schadensersatz beanspruchen.
Versäumen die Erben eine rechtzeitige Aufklärung des Nachlasses, so haften sie nicht nur mit dem Nachlass, sondern unbeschränkt auch mit ihrem persönlichen Vermögen.
Das Nachlassinsolvenzverfahren: Eröffnung und Ablauf
Das Gericht eröffnet nur dann das Insolvenzverfahren, wenn ein zulässiger Eröffnungsgrund hierfür vorliegt. Ein solcher liegt nach § 320 Insolvenzordnung (InsO) bei (drohender) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vor.
Ist der Schuldner nicht in der Lage, den fälligen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, so liegt Zahlungsunfähigkeit vor. Bei einer Überschuldung hingegen reicht das Vermögen des Nachlasses nicht, um die bestehenden Nachlassverbindlichkeiten zu decken.
Bei der Prüfung einer Überschuldung werden zunächst sogenannte Masseverbindlichkeiten berücksichtigt. Hierzu gehören z. B. die Beerdigungskosten, Pflichtteilsansprüche und Vermächtnisse.
Neben dem Vorliegen eines Eröffnungsgrunds prüft das Insolvenzgericht auch, ob der Nachlass überhaupt ausreicht, um wenigstens die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. Ist dies nicht der Fall, wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet.
Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, eröffnet das zuständige Gericht das Nachlassinsolvenzverfahren per Beschuss. Dies hat einerseits zur Folge, dass die Befugnis der Nachlassverwaltung von den Erben auf den Insolvenzverwalter übergeht. Nunmehr darf ausschließlich dieser über das Erbe verfügen, § 80 Absatz 1 InsO.
Außerdem wird der Nachlass durch die Nachlassinsolvenz vom Eigenvermögen der Erben getrennt, sodass diese für bestehende Nachlassverbindlichkeiten nur noch mit dem Nachlass haften.
Nach der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens
Das Gericht setzt mit der Verfahrenseröffnung einen Insolvenzverwalter ein. Dieser muss das gesamte zum Nachlass gehörende Vermögen verwahren, sodass die Erben keinen Zugriff mehr darauf haben.
Der Insolvenzverwalter hat die Aufgabe, den Nachlass zu konsolidieren und die einzelnen Ansprüche zu prüfen. Er erfasst und verwertet das gesamte Vermögen des Verstorbenen. Gegenstände, die sich im Nachlass befinden, obwohl der Erblasser nicht der Eigentümer war, muss er an die wahren Eigentümer herausgeben (§ 47 InsO).
Gläubiger, die Ansprüche gegen den Nachlass geltend machen wollen, müssen ihre Forderung zur Insolvenztabelle beim Insolvenzverwalter anmelden. Dieser prüft die Ansprüche und stellt sie zur Tabelle fest. Er kann die Forderung aber auch bestreiten. Bei der Insolvenztabelle handelt es sich um ein Verzeichnis, in dem der Insolvenzverwalter alle von ihm geprüften Forderungen der Insolvenzgläubiger aufnimmt.
Wenn der Insolvenzverwalter durch die Verwertung des Nachlasses genügend Geld erwirtschaftet hat, verteilt er dieses an die Gläubiger. Dies gilt jedoch nur, wenn er zuvor deren Forderung als berechtigt festgestellt hat. Unter Umständen erfolgt diese Verteilung mehrmals. Das Nachlassinsolvenzverfahren endet nach einer Schlussverteilung.
Wie lange dauert ein Nachlassinsolvenzverfahren? Die Dauer eines solchen Verfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, z. B. davon, wie viele Gläubiger vorhanden sind und welchen Umfang der Nachlass hat.
Beim Nachlassinsolvenzverfahren können die Kosten mitunter recht hoch ausfallen. Wenn das Gericht zu dem Schluss kommt, dass der Nachlass nicht einmal die Kosten des Verfahrens deckt, so wird das Verfahren erst gar nicht eröffnet.
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Manfred M.
4. Juli 2019 um 20:07 Uhr
Wenn ich wärend der Privatinsolvenz Erbe,wieviel darf ich Behalten ?
privatinsolvenz.net
5. Juli 2019 um 15:34 Uhr
Hallo Manfred,
erben Sie etwas während der Wohlverhaltensphase, dürfen Sie die Hälfte des Betrages behalten. Geht das Erbe jedoch vorher ein, fließt es komplett in die Insolvenzmasse. Mehr dazu erfahren Sie im folgenden Ratgeber: https://www.privatinsolvenz.net/erben-in-der-insolvenz/
Ihr Team von privatinsolvenz.net