Unsere Urgroßeltern, die Anfang des 20. Jahrhunderts lebten, hatten einen recht kleinen Haushalt, der aus etwa 180 Dingen bestand. Aktuell befinden sich laut dem Statistischen Bundesamt circa 10.000 Gegenstände in unserem Besitz. Dabei wird die Ausstattung deutscher Haushalter immer komplexer. Beispiel: So gibt es z. B. in 95,5 Prozent der Haushalte Mobiltelefone, in 86,9 Prozent einen Flachbildschirmfernseher (Stand: 2017). Soweit zum ersten Trend.
Der zweite Trend sind die Konsumschulden. Nie war es einfacher, sich Wünsche zu erfüllen, für die der eigene Geldbeutel eigentlich zu klein ist. Banken locken mit vermeintlich günstigen Krediten und Händler bieten ihren Kunden den Kauf ihrer Produkte auf Pump per Ratenzahlung.
Konsumschulden kurz zusammengefasst
Von den notwendigen Lebenshaltungskosten sind Ausgaben für Verbrauchs- und Luxusgüter, Wünsche oder für einen gehobenen Lebensstil zu unterscheiden.
Wenn letztere Ausgaben über Raten oder einen Kredit finanziert werden, entstehen Konsumschulden.
Bei einem wiederholten oder dauerhaften Konsum über Schulden besteht die Gefahr, dass der Verbraucher den Überblick verliert und allmählich in die Überschuldung rutscht.
Inhalt
Was sind Konsumschulden?
Wenn ein Verbraucher sich Dinge kauft, die er nicht für seine Lebenshaltung benötigt und die sein finanzielles Budget übersteigen, macht er damit Konsumschulden. Anders als beispielsweise die Ausgaben für Miete, Strom, Gas und Lebensmittel sind diese Ausgaben nicht unbedingt notwendig. Die entsprechenden Konsumgüter vereinfachen oder verschönern vielleicht das Leben, ermöglichen einen höheren bzw. bequemeren Lebensstandard oder fallen schlicht unter Luxus.
Die Beispiele für diese Art Konsum sind zahlreich:
- Finanzierung eines Urlaubs über Raten oder einen Kredit
- Anschaffung von (neuer) Unterhaltungs- und Kommunikationstechnologie wie Smartphone, Laptop, Spielekonsolen und Flachbildschirmfernsehern
- im Restaurant essen gehen
- Shopping als Freizeitvergnügen, obwohl die gewünschten Dinge nicht benötigt werden, z. B. Kleidung, Schuhe, Parfum, Schmuck
Konsumschulden entstehen, wenn Verbraucher derartige Dinge über einen Konsumentenkredit finanzieren, hierfür also Kreditschulden bei ihrer Bank machen. Auch der Kauf über eine Ratenfinanzierung fällt unter diese Art der Verschuldung, ebenso die Nutzung eines Dispokredits.
Ist es falsch, Konsumschulden zu besitzen?
Solange Sie in der Lage sind, die entsprechenden Verbindlichkeiten zu erfüllen und Ihre Konsumschulden abzuzahlen, ist eine solche Verschuldung unproblematisch. Dennoch stellen sich in diesem Zusammenhang einige Fragen:
- Was machen Sie, wenn Sie plötzlich nicht mehr fähig sind, diese Schulden abzuzahlen, beispielsweise aufgrund einer völlig unerwarteten Jobverlusts?
- Bleibt es bei diesen einmaligen Konsumschulden oder ist diese Art der Finanzierung bereits zur Gewohnheit geworden?
- Brauchen Sie all die Dinge wirklich? Warum und wofür? Und was würde passieren, wenn Sie diese nicht hätten?
Die Gefahren von Konsumschulden
Kommen wir auf die erste Frage zurück, der nach einer plötzlich eintretenden Zahlungsunfähigkeit. Wie gehen Sie dann mit Ihren Konsumschulden um? Es mag zwar sein, dass eine Verschuldung an sich unproblematisch ist, solange der Schuldner in der Lage ist, diese Schulden abzubauen. Dennoch lauert hier eine Schuldenfalle.
Statistiken und Untersuchungen belegen, dass plötzliche Arbeitslosigkeit, eine schwere Krankheit oder ein Unfall, die Trennung oder Scheidung vom Partner zu den häufigsten Ursachen für eine Überschuldung zählen – Konsumschulden hingegen weniger. Sprich: Die meisten Menschen geraten aufgrund unverschuldeter Ereignisse in eine solche finanzielle Notlage. Folglich kann dies auch niemand steuern. Selbst die Mittelschicht ist vor solchen Einbrüchen nicht unbedingt sicher. Konsumschulden können diese Schieflage noch verschärfen, weil sie neben den weiteren Verbindlichkeiten abgezahlt werden müssen.
Eine weitere Gefahr liegt in der in Frage 2 angedeuteten Macht der Gewohnheit. Wer einmal auf Raten oder per Kredit eingekauft hat, neigt dazu, seine Wünsche auch in Zukunft auf diese Art und Weise zu finanzieren. Er verliert den Wert des Geldes aus dem Blick. Gerade der Dispokredit ist hierfür eine gefährlich bequeme Variante. Verbraucher, die daran gewöhnt sind, viele Konsumschulden zu besitzen, verlieren mitunter auch schnell den Überblick über ihre Ausgaben.
Sobald jemand mehrere Anschaffungen per Konsumentenkredit oder Raten finanziert, drohen diese Folgen von Schulden:
- Gefahr, einzelne Verbindlichkeiten/ Raten zu vergessen
- Zahlungsverzug, Mahnungen
- wachsender Schuldenberg, insbesondere bei dauerhafter Nutzung eines Dispokredits
- im Falle einer Zahlungsunfähigkeit: gerichtliches Mahnverfahren, Zwangsvollstreckung und negativer SCHUFA-Eintrag
Alternative zu Konsumschulden: Bewusster Konsum
Wer kennt ihn nicht, den eBay-Slogan „Drei, zwei, eins – meins“. Er suggeriert, dass wir alles haben können und dass Einkaufen ein Spaßerlebnis ist. Und jeder erinnert sich sicher noch an die „Geiz ist geil“-Mentalität des großen Elektronikmarkts Saturn bzw. Media Markt. Sie belegen, wie sehr sich die heutige Verbraucherkultur zu einer Art Freizeiterlebnis entwickelt hat. Und Konsumschulden gehören dazu, sind quasi salonfähig geworden – die Finanzierung auf Pump gehört praktisch zum Serviceangebot des Händlers oder Dienstleisters.
Von dem vermeintlich günstigen Deal profitieren vor allem Händler, Banken und die Werbebranche. Werbung schafft vermeintliche Wünsche und Bedürfnisse und beeinflusst unser Konsumverhalten. Die Hersteller verkaufen mehr, weil sich aufgrund der Raten- oder Kreditfinanzierung scheinbar jeder ihre Produkte leisten kann. Verkäufer und Banken kassieren zusätzlich Zinsen, während der gekaufte Gegenstand schon nach kurzer Zeit an Wert verliert, obwohl er vielleicht noch gar nicht abbezahlt ist.
Für den Käufer hingegen bringt es dauerhaft mehr Nachteile. Denn neben den bereits erwähnten Risiken verlieren auch die heiß begehrten, über Konsumschulden finanzierten Produkte irgendwann ihren Reiz. Der neue Fernseher wird ein gewöhnlicher Anblick, das erstandene Kleid hängt neben vielen anderen meistens doch nur im Schrank.
Und wenn wir ehrlich zu uns sind, stellen wir fest, dass wir die meisten Dinge, die zuhause im Regal oder Schrank stehen, hängen und liegen, gar nicht brauchen. Woher kommen all diese Sachen? Und was genau bringt uns das? Vielleicht helfen diese Fragen ein wenig, den eigenen Konsum (auf Kredit) einzudämmen.
Verbraucher, die Konsumschulden und allgemein übermäßigen Konsum vermeiden, bewahren sich ein Stück weit ihre Unabhängigkeit. Warum?
- Das gesparte Geld können Sie z. B. verwenden, um bestehende Schulden abzubezahlen und sich Rücklagen (für schlechtere Zeiten und als Altersvorsorge) zu bilden. So bewahren Sie sich Ihre finanzielle Unabhängigkeit.
- Mit weniger Geld auszukommen, kann genauso viel Spaß machen wie Shopping. Das glauben Sie nicht? Doch, denn Sie können z. B. lernen, selbst zu kochen und zu backen, zu gärtnern und zu handwerken, um auf diese Art Geld zu sparen. Sie lernen neue Dinge, zu denen Sie sich vielleicht sogar mit anderen Menschen austauschen können.
- Selbst organisierte Urlaube in der Umgebung können viel größere Abenteuer darstellen als der über Konsumschulden finanzierte All-inclusive-Urlaub in der Hotelanlage. Einfach raus und machen, egal ob zu Fuß, mit dem Rad, Zug oder notfalls mit dem Auto.
Wenn Sie bereits den Überblick verloren haben oder nicht mehr wissen, wie Sie Ihre Konsumschulden abbauen sollen, dann wenden Sie sich an eine öffentliche oder gemeinnützige Schuldnerberatung. Diese hilft Ihnen bei der Schuldenregulierung und ggf. auch bei der Verhandlung mit Ihren Gläubigern.
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