Wenn ein Schuldner Regel- oder Privatinsolvenz anmeldet, stellt sich zunächst die Frage, was mit den Geldforderungen der Gläubiger geschieht und wie diese behandelt werden.
Der folgende Ratgeber gibt einen kleinen Überblick über den Begriff der Insolvenzforderung. Er erklärt auch andere Fachtermini und erläutert verschiedene Konstellationen.
Insolvenzforderung kurz zusammengefasst
Bei Insolvenzforderungen handelt es sich um die eigentlichen Schulden, die im Rahmen des Insolvenzverfahrens abgebaut werden sollen. Sie sind bereits vor der Insolvenzeröffnung entstanden. Eine Insolvenzforderung ist von der Masseverbindlichkeit zu unterscheiden, wobei letztere vorrangig zu begleichen sind.
Gläubiger müssen ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anmelden, wenn ihre Ansprüche im Insolvenzverfahren berücksichtigt werden sollen.
Nein, der Insolvenzverwalter kann eine angemeldete Forderung auch bestreiten. Der betroffene Gläubiger muss dann die bestrittene Forderung im Wege der Feststellungsklage durchsetzen.
Weitere Informationen zum Thema Insolvenzforderung
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Inhalt
Insolvenzforderung und Massenverbindlichkeit
Unter einer Insolvenzforderung sind nach § 38 Insolvenzordnung (InsO) all jene Forderungen zu verstehen, welche bereits zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bestanden haben. Dann handelt es sich um Forderungen, die einem Insolvenzgläubiger zustehen.
Weil alle Gläubiger im Insolvenzverfahren gleich behandelt werden sollen, werden diese quotenmäßig aus der vorhandenen Insolvenzmasse bezahlt. Bei der Ermittlung dieser Quote wird die Forderung des einzelnen Gläubigers zur Gesamtheit der angemeldeten Forderungen ins Verhältnis gesetzt.
Von dem Begriff der Insolvenzforderung ist die Masseverbindlichkeit zu unterscheiden. Hierbei handelt es sich um Forderungen des Insolvenzverwalters aus seiner Tätigkeit im eröffneten Insolvenzverfahren und um die Kosten des eigentlichen Insolvenzverfahrens. Letztere setzen sich aus den Gerichtskosten und der Vergütung des Insolvenzverwalters zusammen.
Die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren nach § 174 InsO
Gläubiger, die ihre Forderung im Insolvenzverfahren gegen den insolventen Schuldner geltend machen wollen, müssen ihre Insolvenzforderung schriftlich beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anmelden.
Hierbei muss er das Bestehen seiner Forderungen durch entsprechende Urkunden oder Nachweise belegen. Derartige Belege können z. B. Rechnungen, Lieferscheine und Schuldanerkenntnisse sein, aber auch Urteile und Vollstreckungsbescheide.
Bei der Anmeldung der Insolvenzforderung sind der konkret geschuldete Betrag und der Schuldgrund anzugeben.
Doch woher weiß ein Gläubiger, dass und wann er seine Forderung zur Insolvenztabelle anmelden muss? Gewöhnlich erlässt das Insolvenzgericht einen Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Gericht fordert dann in der Regel den Insolvenzverwalter auf, diesen Beschluss an die bekannten Gläubiger zuzustellen. Im Rahmen dieser Mitteilung fordert dieser jeden einzelnen Gläubiger auf, seine Forderung gegen den Schuldner zur Insolvenztabelle anzumelden.
In den meisten Fällen erhalten die Gläubiger hierfür ein entsprechendes Formular mit Merkblatt, welches sie auch unbedingt benutzen sollten.
Der Insolvenzverwalter muss jede angemeldete Forderung in die Insolvenztabelle eintragen und dabei den Grund und die Höhe für den jeweiligen Anspruch angeben.
Die Prüfung der Insolvenzforderung
Der Insolvenzverwalter prüft alle angemeldeten Forderungen gemäß § 176 InsO im Prüfungstermin. Eine Forderung gilt als festgestellt, wenn:
- sie nicht vom Insolvenzverwalter oder einem Insolvenzgläubiger bestritten wurde oder
- wenn ein solcher Widerspruch beseitigt wurde.
Jede angemeldete und geprüfte Forderung erhält vom Insolvenzgericht einen Prüfungsvermerk in der Insolvenztabelle. Dabei trägt das Gericht ein, ob die Forderung vom Insolvenzverwalter anerkannt und festgestellt wurde oder warum er der Forderung widerspricht.
Die Feststellung einer Insolvenzforderung hat dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern gegenüber dieselbe Wirkung wie ein rechtskräftiges Urteil (§ 183 Absatz 1 InsO), das heißt, sie sind an diese Feststellung gebunden.
Forderung vom Insolvenzverwalter oder Insolvenzgläubiger bestritten
Wurde eine angemeldete Insolvenzforderung bestritten, so ist sie im Prüfungstermin zu erörtern. Hier sind zwei Konstellationen denkbar:
- Ein Insolvenzgläubiger oder der Insolvenzverwalter bestreitet die Forderung der Höhe nach (Bestreiten eines Teilbetrags).
- Die Forderung wird dem Grunde nach bestritten.
Forderung nach Insolvenzeröffnung gilt als Neuforderung
Ansprüche und Forderungen, die erst nach Insolvenzeröffnung entstehen, weil der Schuldner neue Verbindlichkeiten eingeht, werden im Insolvenzverfahren nicht berücksichtigt. Diese Forderungen stellen keine Insolvenzforderungen dar, sondern sogenannte Neuforderungen.
Dies bestätigte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 15.03.2013 (Az. L 11 KA 147/11). In seiner Begründung führt es hierzu aus:
Insolvenzgläubiger sind die persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben; zu deren Befriedigung dient die Insolvenzmasse (§ 38 InsO). […]
Erforderlich ist aber, dass vor bzw. im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung die Grundlage des Schuldverhältnisses besteht, aus dem sich der Anspruch ergibt.“
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