Eine Privatinsolvenz ist ein strapaziöser Prozess – sowohl für den Schuldner als auch für die Gläubiger. Um seine Verluste zu verringern und einen Neuanfang zu vereinfachen, kann dem Schuldner der Gedanke kommen, einen Teil des verbliebenen Vermögens aus dem Insolvenzverfahren zu „retten“.
Oder der Schuldner geht Verbindlichkeiten ein, obwohl er weiß, dass er diese aufgrund seiner Insolvenz gar nicht erfüllen kann. In beiden Fällen macht er sich strafbar.
Doch womit müssen Sie rechnen, wenn Sie Insolvenzbetrug begehen? Welche Strafe kommt auf Sie zu? Und welche sonstigen Folgen hat ein Insolvenzbetrug für Sie als Schuldner? Können Gläubiger und anderweitig Betroffene einen Insolvenzbetrug melden? In diesem Beitrag werden die wichtigsten Fragen zum Thema beantwortet.
Insolvenzbetrug kurz zusammengefasst
Den Insolvenzbetrug gibt es eigentlich nicht. In der Umgangssprache bezeichnet der Begriff verschiedene Insolvenzstraftaten.
Hierunter werden Straftaten zusammengefasst, die der Schuldner im Rahmen eines Insolvenzverfahrens oder seiner Zahlungsunfähigkeit begeht.
Typische Straftaten im Rahmen einer Insolvenz sind z. B. der Eingehungsbetrug, der Bankrott, die Insolvenzverschleppung und die Gläubigerbegünstigung?
Inhalt
Welche Handlungen gelten als Insolvenzbetrug?
Eines gleich vorweg: Den Straftatbestand „Insolvenzbetrug“ gibt es weder im Strafgesetzbuch (StGB) noch in anderen Gesetzen. Der Begriff kann verschiedene Straftaten meinen, die im Zusammenhang mit einer Insolvenz begangen werden. Meistens sind damit die folgenden beiden Verhaltensweisen gemeint.
- Betrug während einer Insolvenz in Form eines Eingehungsbetrugs (§ 263 StGB): Der Schuldner geht finanzielle Verbindlichkeiten ein und verschweigt seinem Vertragspartner dabei, dass er gar nicht bezahlen kann.
- Strafbarer Bankrott (§ 283 StGB): Der Schuldner schafft trotz seiner Insolvenz Bestandteile seines Schuldnervermögens (sog. Insolvenzmasse) beiseite oder verheimlicht diese.
Betrügerischer Bankrott im Sinne von § 283 StGB
Eine Form vom Insolvenzbetrug ist der betrügerische Bankrott im Sinne des § 283 StGB. Dieser Paragraph stellt verschiedene Handlungen des Schuldners unter Strafe. Danach macht sich zum Beispiel strafbar, …
- wer Geld oder Sachen rechtswidrig einbehält, die eigentlich Teil der Insolvenzmasse sind
- Verlust- oder Spekulationsgeschäfte eingeht
- Waren auf Kredit kauft und diese anschließend unter Wert veräußert oder weggibt
- Handelsbücher manipuliert, beseiteschafft, zerstört oder beschädigt
Insolvenzbetrug durch illegales Einbehalten der Insolvenzmasse
Schauen wir uns im Folgenden den Insolvenzbetrug durch manipulative Eingriffe in die Insolvenzmasse an. Was gehört zur Insolvenzmasse und was darf daher nicht einbehalten werden, wenn ein Insolvenzbetrug vermieden werden soll?
Die Insolvenzmasse ist in § 35 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) definiert. Demnach umschreibt der Begriff …
das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt.
Demnach ist das gesamte pfändbare Vermögen und Einkommen des Schuldners Bestandteil der Insolvenzmasse. Diese umfasst zum Beispiel:
- Autos und andere Fahrzeuge des Schuldners
- Wertgegenstände, wertvolle Sammlerstücke
- hochwertige technische Geräte
- gesamter Lagerbestand einer insolventen Firma
Einen Insolvenzbetrug bzw. Bankrott begeht daher z. B. der Geschäftsführer einer insolventen Firma, der Eigentum seiner Firma beiseiteschafft, etwa wertvolle Maschinen. Beiseiteschaffen heißt in diesem Zusammenhang, dass die Gläubiger keinen oder nur noch erschwerten Zugang zu den entsprechenden Gegenständen haben.
Kein Insolvenzbetrug – was gehört nicht zur Insolvenzmasse?
Im Rahmen eines (bevorstehenden) Insolvenzverfahrens ist zu beachten, dass nicht das gesamte Einkommen und Vermögen des Schuldners in die Insolvenzmasse fällt. Behält er diese Werte, begeht er folglich auch keinen Insolvenzbetrug.
Nicht in die Insolvenzmasse fallen unter anderem:
- Einkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenze
- unpfändbare Gegenstände für den persönlichen Gebrauch und Haushaltsgeräte
- Gegenstände, die für die Berufstätigkeit erforderlich sind (Arbeitskleidung und -laptop)
- Eheringe
- Brillen, Prothesen und andere aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen erforderliche Hilfsmittel
Eingehungsbetrug bei einer Insolvenz
Auch beim sogenannten Eingehungsbetrug wird von einem Insolvenzbetrug gesprochen. Diese Straftat beschreibt den Fall, dass jemand Waren oder Dienstleistungen in dem Wissen in Anspruch nimmt, dass er die Rechnung hierfür gar nicht bezahlen kann.
Wer sich zum Beispiel in einem Insolvenzverfahren befindet, dies einem Verkäufer verheimlicht und so eine Ware auf Kredit ersteht, der macht sich womöglich des Betrugs schuldig. Denn er täuscht den Verkäufer über seine (nicht bestehende) Zahlungsfähigkeit.
So erringt er gemäß § 263 StGB durch „Vorspiegelung falscher oder […] Unterdrückung wahrer Tatsachen“ einen „Vermögensvorteil“ und erfüllt so den Tatbestand des Betrugs.
Der Schuldner, der sich in diesem Sinne strafbar macht und wegen Betruges verurteilt wird, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe rechnen. Er riskiert darüber hinaus die Versagung seiner Restschuldbefreiung.
Wie können Sie Insolvenzbetrug anzeigen?
Wenn Sie als Gläubiger Opfer eines Insolvenzbetrugs werden, haben Sie die Möglichkeit, Strafanzeige zu erstatten, indem Sie Ihren Verdacht der vorliegenden Insolvenzstraftat der Polizei oder Staatsanwaltschaft mitteilen.
Dabei ist wichtig, dass Sie der zuständigen Behörde den Vorfall genau schildern. Deshalb sollten Sie sich gut vorbereiten, alle Beweise bereithalten und gegebenenfalls Zeugen angeben können. Eine Anzeige kann sowohl in mündlicher als auch in schriftlicher Form bei den zuständigen Behörden erstattet werden.
Doch wie verhalten Sie sich, wenn Sie kein Gläubiger des betroffenen Schuldners sind und mitbekommen, dass dieser einen Teil seines Vermögens rechtswidrig aus der Insolvenzmasse heraushält? Haben sie auch als Nicht-Gläubiger die Möglichkeit, Insolvenzbetrug anzuzeigen?
Normalerweise darf jedermann Anzeige erstatten, um damit ein Ermittlungsverfahren auszulösen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Anzeigende von der Tat unmittelbar betroffen ist oder nicht. Das gilt auch bei einem Insolvenzbetrug nach § 263 StGB bzw. § 283 StGB. Diese Insolvenzstraftaten können demnach auch ohne Strafantrag verfolgt werden.
Kann ein Schuldner der Strafe für Insolvenzbetrug entgehen?
Insolvenzbetrug ist strafbar. Doch gibt es für den Täter die Möglichkeit, auf rechtlichem Wege der Strafe zu entgehen, wenn ein Betrug in der Insolvenz nachgewiesen werden kann?
In der Regel gibt es eine Möglichkeit, wie von einer Strafe abgesehen werden kann: Die Verjährung.
Wann tritt bei Insolvenzbetrug die Verjährung ein?
Das Gesetz unterschiedet zwischen verschiedenen Verjährungsfristen, die sich auch nach der Schwere der Straftat richten. Doch welche Frist gilt für den Insolvenzbetrug?
In § 78 StGB sind Verjährungsfristen geregelt, die sich in der Regel nach der höchsten Freiheitsstrafe richten, die für eine Straftat verhängt werden kann:
- So verjährt zum Beispiel eine Strafe, die mit maximal 10 Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden, in 20 Jahren.
- Eine Tat, die mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bedroht ist, verjährt hingegen nach fünf Jahren.
In der Regel gilt hier also die Verjährungsfrist von fünf Jahren, die sich aus § 78 StGB sowie aus der Strafdrohung von maximal fünf Jahren in § 263 StGB ergibt.
Welche weiteren Folgen hat der Insolvenzbetrug?
Dass Insolvenzbetrug eine Geld- oder Freiheitsstrafe nach sich ziehen kann, wurde bereits erwähnt. Doch welche Konsequenzen hat ein Insolvenzbetrug für das eigentliche Insolvenzverfahren?
Tatsächlich besteht das Risiko, dass bei Aufdeckung eines Insolvenzbetruges die Restschuldbefreiung versagt werden kann. Dies bedeutet, dass dem Schuldner am Ende des Insolvenzverfahrens die Restschulden nicht erlassen werden. Er muss diese vollständig zurückzahlen. Tut er das nicht, dürfen die Gläubiger die Zwangsvollstreckung gegen ihn einleiten, wenn sie einen entsprechenden Vollstreckungstitel besitzen.
Damit es zur Restschuldbefreiung kommen kann, muss der Schuldner eine Wohlverhaltensphase durchgehen, in der er an gewisse Obliegenheiten gebunden ist. Diese Pflichten sind in § 295 InsO verzeichnet. Hier steht zum Beispiel, dass Vermögen, das durch Erbe erlangt wird, zur Hälfte an den Insolvenzverwalter herauszugeben ist.
Tut ein Schuldner dies nicht, indem er zum Beispiel das Erbe verheimlicht und in irgendeiner Weise versteckt, kann er unter Umständen wegen Insolvenzbetrug zur Verantwortung gezogen werden. Außerdem versagt ihm das Insolvenzgericht auf einen entsprechenden Gläubigerantrag die Restschuldbefreiung.
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