Oft herrscht bei Verbrauchern Unsicherheit dahingehend, was sie während eines Insolvenzverfahrens dürfen und was nicht. Tatsächlich gibt es eine Menge zu beachten. Die Insolvenzordnung enthält zahlreiche Regelungen und Obliegenheiten, die ein Schuldner einhalten muss, wenn er in den Genuss der Restschuldbefreiung im Anschluss an das Verfahren kommen möchte.
Eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, betrifft die Zahlungsverbindlichkeiten des Schuldners und die Frage, ob und inwieweit er während der Insolvenz neue Schulden machen darf.
Neue Schulden in der Insolvenz kurz zusammengefasst
Wer während der Insolvenz neue Schulden macht, muss diese vollumfänglich bezahlen. Anderenfalls dürfen die Gläubiger ihre Ansprüche per Zwangsvollstreckung durchsetzen.
Nein, eine Privatinsolvenz ist kein Freibrief, um neue Schulden machen zu können. Die Restschuldbefreiung nach dem Insolvenzverfahren umfasst neue Schulden, die nach der Insolvenzeröffnung entstanden sind, nicht.
Wer neue Schulden trotz Insolvenz begründet, macht sich unter Umständen wegen eines Eingehungsbetrugs strafbar, wenn er seinen Vertragspartner über die eigene Zahlungsfähigkeit täuscht.
Inhalte
Sind neue Schulden während der Privatinsolvenz erlaubt?
Selbstverständlich müssen auch jene Verbraucher weiterhin ihre Rechnungen bezahlen, die gerade ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen. Schließlich müssen sie ja weiterhin ihren Lebensunterhalt bestreiten und beispielsweise Miete, Strom sowie Telefon bezahlen und ihren Kühlschrank füllen.
Folglich verbietet es das Insolvenzrecht Schuldnern auch nicht, neue Verbindlichkeiten einzugehen und gegebenenfalls während der Insolvenz neue Schulden zu machen. Allerdings ist das kein Freifahrtschein, um bedenkenlos und freigiebig Geld auszugeben.
Vielmehr ist der Schuldner angehalten, sich auf einen angemessenen und bescheidenen Lebensstil zu beschränken und alles zu unterlassen, was seinen Schuldenabbau und damit die Befriedigung seiner Gläubiger gefährden könnte. Anderenfalls läuft der Verbraucher Gefahr, dass das Gericht auf Antrag eines Gläubigers die Restschuldbefreiung versagt.
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Wann gelten neue Schulden im Insolvenzverfahren als Verschwendung?
Damit ist es recht gefährlich, während der Insolvenz neue Schulden zu machen. § 295 Abs. 1 Nr. 4 Insolvenzordnung (InsO) gibt dem Insolvenzgläubiger das Recht, beim Insolvenzgericht die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen, wenn …
- der Schuldner nach dem Antrag auf Insolvenzeröffnung
- vorsätzlich oder fahrlässig
- die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt,
- indem er „unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet“.
Neue Schulden während der Insolvenz sind immer dann unangemessen bzw. verschwenderisch, wenn sie das für die Lebenshaltung erforderliche Maß stark übersteigen.
Eine Versagung der Restschuldbefreiung nach der Insolvenz droht für neue Schulden, die für einen Urlaub gemacht wurden oder auf Glückspiel und Wetten beruhen. Auch die Aufnahme eines neuen Kredits kann als Verschwendung gelten.
Keine (erneute) Restschuldbefreiung nach der Insolvenz für neue Schulden
Selbst wenn neue Schulden während der Privatinsolvenz keine Restschuldbefreiung nach sich ziehen, so sollte der Schuldner sich darüber bewusst sein, dass die neuen Verbindlichkeiten nicht von dieser Befreiung umfasst werden.
Diese bleiben bestehen. Die entsprechenden Gläubiger dürfen ihre Forderungen im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen.
Eine wiederholte Insolvenz für neue Schulden ist erst wieder nach zehn Jahren möglich, wenn dem Schuldner bereits ein solcher Schuldenerlass erteilt wurde.
Sind neue Schulden in der Privatinsolvenz strafbar?
Verbraucher, die während der Privatinsolvenz neue Schulden machen, sollten Folgendes bedenken: Sie schaden damit unter Umständen nicht nur den Insolvenzgläubigern, sondern auch ihren neuen Gläubigern. Wer bereits zahlungsunfähig ist, hat oft nicht genug Geld, um im Insolvenzverfahren neue Schulden bezahlen zu können. Sein neuer Gläubiger bleibt auf seiner Geldforderung sitzen.
Wer einen Vertrag abschließt, gibt seinem Vertragspartner damit zu erkennen, dass er auch in der Lage ist, seine Pflichten zu erfüllen und die eingegangene Geldforderung zu bezahlen.
Wer während seiner Insolvenz neue Schulden macht und weiß, dass er gar nicht in der Lage ist, diese zu bezahlen, der macht sich strafbar. Er begeht einen Eingehungsbetrug, der nach § 263 Strafgesetzbuch (StGB) mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe belegt werden kann.
Derjenige, der einen Vertrag abschließt, weckt damit das Vertrauen seines Geschäftspartners in die eigene Zahlungsfähigkeit und täuscht über seine schlechte Bonität hinweg. Erfüllt der Partner seinen Teil des Vertrags und liefert oder erbringt die Dienstleistung, ohne dafür bezahlt zu werden, so entsteht im hierdurch ein Vermögensschaden. Handelt der insolvente Schuldner vorsätzlich, so ist der Tatbestand des Betrugs erfüllt.
Neue Schulden nach der Privatinsolvenz
Auch nach der Insolvenz können neue Schulden unangenehme Folgen haben – und zwar unabhängig davon, ob das Gericht die Restschuldbefreiung gewährt hat oder nicht. Denn wer einmal ein privates Insolvenzverfahren absolviert hat, muss einige Zeit warten, bis er nach einer neuen Verbraucherinsolvenz wieder per Gerichtsbeschluss von seinen Verbindlichkeiten befreit wird.
Die Sperrfrist beträgt:
- zehn Jahre nach einer erteilten Restschuldbefreiung gemäß § 287a InsO
- drei Jahre im Falle der oben erwähnten Vermögensverschwendung nach § 295 Abs. 1 Nr. 4 InsO
Der Schuldner muss also in dieser Zeit mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seiner neuen Gläubiger rechnen.
Tipp: Neue Schulden besser vermeiden
Verbraucher, die nach oder während der Insolvenz neue Schulden machen, sollten sich umfassend von einer gemeinnützigen oder öffentlichen Schuldnerberatung helfen lassen.
Die Beratung durch solche Stellen geht meistens über die rechtlichen Aspekte der Überschuldung hinaus. Ehrenamtliche Schuldenberater helfen Schuldnern z. B. dabei, wieder einen Überblick zu bekommen und Schulden künftig zu vermeiden.
Oft liegt das Problem im eigenen Konsumverhalten oder der Haushaltsführung begründet. In diesem Fall bedarf es nicht nur einer geordneten Schuldenregulierung. Vielmehr muss auch das eigene Verhalten überdacht und neue Verhaltensmuster erlernt und eingeübt werden.
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