Bei Schuldnern sind sie sehr gefürchtet: Inkassounternehmen – professionelle Schuldeneintreiber, die Gläubiger dabei unterstützen, an das ihnen zustehende Geld zu kommen.
Die Branche ist etwas unübersichtlich. Nicht jedes Inkassobüro arbeitet seriös. Vielmehr gibt es viele schwarze Schafe in dieser Dienstleistungsbranche.
Nicht allen Verbrauchern ist bekannt, was auf sie zukommt, wenn sie Post von einem solchen Inkassodienst erhalten. Unseriöse Inkassobüro sorgen mit ihren Methoden für Verunsicherung. Der folgende Ratgeber bietet einen Überblick darüber, was Inkasso ist, wie ein Inkassoverfahren funktioniert, welche Inkassokosten entstehen und wie sich seriöse von unseriösen Inkassobüros unterscheiden.
Inkasso kurz zusammengefasst
Es ist das Einziehen fremder Geldforderungen, entweder im eigenen oder im fremden Namen.
Inkassounternehmen können die Schulden außergerichtlich oder vor dem Gericht eintreiben. Ihnen stehen dabei dieselben gewöhnlich rechtlichen Möglichkeiten zu wie den Gläubigern. Näheres erfahren Sie hier.
Schuldner sollten genau prüfen, welche Forderung das Inkassobüro eintreiben will und wofür Gebühren berechnet werden. Weitere Verhaltenstipps finden Sie in diesem Abschnitt.
Spezifische Informationen zum Inkasso
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Inhalt
Was ist Inkasso? Eine Definition
Das Wort „Inkasso“ leitet sich vom italienischen „incasso“ bzw. „incassare“ ab, was so viel bedeutet wie „einkassieren“ oder „Geld einziehen„. Inkasso bezeichnet damit das Einziehen fremder Geldforderungen. Dies kann entweder im eigenen oder in einem fremden Namen geschehen.
Wenn ein Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, kann dies auch unangenehme Folgen für den Gläubiger haben. Vor allem Unternehmen, aber auch Selbstständige verkraften es mitunter nur schwer, wenn größere Forderungen nicht bezahlt werden und damit wichtige Einnahmequellen wegbrechen.
An dieser Stelle kommt die Inkassofirma ins Spiel. Sie unterstützt Gläubiger dabei, ihre Geldforderungen durchzusetzen. In der Regel ist der Schuldner bereits in Zahlungsverzug, entweder weil er eine Zahlungsfrist bzw. die Fälligkeit der Forderung verpasst oder nicht auf Mahnungen reagiert hat. Dabei ist ein Inkasso auf zwei Wegen möglich:
- Der entsprechende Dienstleister handelt im Auftrag des Gläubigers oder aber
- er kauft die Forderungen auf und macht sie im eigenen Namen geltend.
Außergerichtliches und gerichtliches Inkasso
Ein Inkassounternehmen hat verschiedene Möglichkeiten, um Schulden einzutreiben. Zunächst wird es versuchen, die Ansprüche ohne ein gerichtliches Verfahren durchzusetzen.
Wenn Mahnungen und die Kontaktaufnahme zum Schuldner nicht fruchten, wird in einem zweiten Schritt das gerichtliche Mahn- und Vollstreckungsverfahren durchgeführt.
Es ist übrigens ein Irrglaube, dass ein Inkasso ohne Mahnung unzulässig ist. Vor allem, wenn ein Schuldner zur sofortigen Zahlung verpflichtet ist, gerät er sofort und auch ohne Mahnung in Verzug.
Vor allem bei unstreitigen Forderungen sind die Erfolgsaussichten vor Gericht relativ hoch. Auf diesem Wege erhält die Inkassofirma einen vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner, und zwar in Form eines Vollstreckungsbescheids. Findet der Schuldner einen solchen Bescheid in seiner Post, muss er mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen rechnen. Mit anderen Worten: In Kürze kann der Gerichtsvollzieher vor der Tür stehen.
Manche Inkassodienstleister bieten darüber hinaus auch ein Überwachungsverfahren zum Inkasso an. Denn selbst wenn ein gerichtlicher Titel vorliegt, kann ein Inkasso-Service nicht immer sofort die Schulden eintreiben. Wenn der Schuldner kein pfändbares Vermögen besitzt, lohnt auch eine Zwangsvollstreckung nicht.
Nicht immer geht es beim Inkasso seriös zu
Es ist durchaus verständlich, dass Gläubiger versuchen, ihre bestehenden Forderungen durchzusetzen und unter Umständen auch ein Inkasso-Unternehmen damit beauftragen. Schließlich sind auch sie auf ihre Einnahmequellen angewiesen.
Kritisch wird es jedoch, wenn das beauftragte Büro unseriöse Methoden nutzt, um daraus zusätzlichen Profit zu schlagen.
Folgende Faktoren können darauf hindeuten, dass es sich um ein unseriöses Unternehmen handelt:
- Der Inkassodienstleister droht massiv mit dem Mahn- und Zwangsvollstreckungsverfahren und dem Gerichtsvollzieher.
- Sie verunsichern den Schuldner durch aggressive Formulierungen und andere Drohgebärden.
- Der Verbraucher kann anhand des Schreibens nicht erkennen, woher die offenen Rechnungen stammen. Es ist auch nicht immer offensichtlich, ob diese wirklich berechtigt sind.
Inkasso: Verhaltenstipps für Schuldner
Verbraucher, die ein Schreiben von einem Inkassounternehmen erhalten, sollten sich an eine Schuldnerberatung, die Verbraucherzentrale oder einen Rechtsanwalt wenden.
Prüfen Sie im Schreiben zuerst, welche Forderung geltend gemacht wird und welche Kosten, Inkassogebühren und Zinsen Ihnen in Rechnung gestellt werden. Für den Verbraucher bzw. Schuldner muss nachvollziehbar sein, wie sich die Zahlungsaufforderung zusammensetzt, die dem Inkasso zugrunde liegt.
Das entsprechende Büro ist verpflichtet, insbesondere folgende Informationen klar und verständlich anzugeben:
- Name oder Firma des Auftraggebers mit ladungsfähiger Anschrift (Ein Postfach genügt nicht!)
- Name bzw. Firma des (ursprünglichen) Gläubigers
- Grund der Forderung
- bei Verträgen den Vertragsgegenstand, das Datum des Vertragsschlusses und andere wesentliche Umstände
- Seriöse Büros setzen Ihnen außerdem eine angemessene Frist, um die offene Forderung zu bezahlen. Sie sollten jedoch z. B. dann vorsichtig werden, wenn die im Anschreiben genannte Frist bereits verstrichen ist.
Prüfen Sie kostenlos im Rechtsdienstleistungsregister, ob das Inkassobüro dort registriert ist. Sollte dies nicht der Fall sein, begeht der Dienstleister, der Inkasso anbietet, eine Ordnungswidrigkeit. Für diese droht ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro. Leider ist diese Registrierung keine Garantie für Seriosität: Auch registrierte Firmen greifen mitunter zu dubiosen Maßnahmen.
Unternehmen, die Inkasso in Deutschland anbieten, müssen auf ihren Briefbögen auf diese behördliche Registrierung hinweisen. Tun sie dies nicht, können Sie dies beim zuständigen Gericht anzeigen.
Unterschreiben Sie kein Schuldanerkenntnis. Anderenfalls wird es sehr schwierig, sich gegen möglicherweise unberechtigte Forderungen zu wehren.
Wenn der Gläubiger bereits einen Vollstreckungsbescheid oder ein Urteil gegen den Schuldner erwirkt hat, so müssen die darin enthaltenen Forderungen grundsätzlich auch bezahlt werden. Dies gilt auch dann, wenn diese anfangs zu Unrecht geltend gemacht wurden.
Inkassogebühren und Schufa-Eintrag
Eine unangenehme Folge liegt für Schuldner darin, dass Inkasso mit weiteren Kosten verbunden ist. Die Schulden können also ansteigen, weil in der Regel nicht nur die Forderung des ursprünglichen Gläubigers geltend gemacht wird. In der Regel werden in einem Schreiben eines Inkassobüros folgende Positionen aufgelistet:
- Hauptforderung des ursprünglichen Gläubigers:
Ist diese Forderung wirklich berechtigt? Worin liegt der Grund für die Forderung, z. B. in einem abgeschlossenen Vertrag? Prüfen Sie hierbei, ob auch der geltend gemachte Betrag der Höhe nach stimmt. - Zinsen auf die Hauptforderung:
Vor allem bei diesem Inkasso-Posten sollten Verbraucher genau hinschauen. Oft berechnen Inkassobüros viel zu hohe Zinsen, mitunter sogar im zweistelligen Bereich. Oder sie geben den Zinsbeginn falsch an. Verbraucher zahlen maximal 5 Prozent über dem Basiszinssatz, und zwar frühestens ab dem Tag, der unmittelbar auf den Tag folgt, an dem die 1. Mahnung zugegangen ist. - Mahnkosten:
Wenn ein Inkassounternehmen auch die Mahnkosten des Gläubigers einfordert, so darf es dabei bestimmte Beträge nicht überschreiten. Die 1. Mahnung ist grundsätzlich kostenfrei und darf daher nicht in Rechnung gestellt werden. Ab der 2. Mahnung dürfen maximal jeweils 2,50 Euro berechnet werden, es sei denn der Gläubiger kann glaubhaft machen, dass ihm höhere Kosten entstanden sind. Hat der Gläubiger gar nicht gemahnt, dürfen auch keine Mahnkosten gefordert werden. - Inkassogebühren bzw. –kosten:
Anders als Rechtsanwälte unterliegen Inkassobüros keiner Gebührenordnung. Dadurch entsteht die Gefahr, dass diese Dienstleister überhöhte Kosten geltend machen. Es ist jedoch ständige Rechtsprechung, dass sie nur die Kosten geltend machen dürfen, die entstanden wären, wenn der Gläubiger einen Rechtsanwalt mit dem Inkasso beauftragt hätte.
Überblick über weitere Kosten und deren Zulässigkeit
Art der Inkassobüro-Kosten | Zulässigkeit |
---|---|
Telefon und Porto | begrenzt zulässig (max. 20 Euro) |
Umsatzsteuer | unzulässig als zusätzliche Inkassokosten, wenn Rechnung bereits Umsatzsteuer ausweist |
Telefon-Inkasso-Gebühren | unzulässig, wenn diese pro Anruf beim Schuldner pauschal verlangt werden |
Kosten für den „1. Brief nach Titulierung der Forderung“ (1. Br. Tit. Ford.) | unzulässig |
Kontoführungsgebühren | unzulässig |
nachgewiesene Ermittlungskosten | zulässig |
nachgewiesene Bankrücklastschriftkosten | zulässig |
Kosten für beauftragten Anwalt | unzulässig |
Vollstreckungskosten | zulässig |
Gerichtskosten, Kosten für Gerichtsvollzieher | zulässig |
Kosten für Mahn- und Vollstreckungsbescheid | zulässig bis maximal 25 Euro (Zusätzliche Kosten für Porto und Vordruck im Mahnverfahren sind jedoch unzulässig.) |
Übersendung der Forderungsaufstellung | unzulässig |
Zustellungskosten | zulässig |
Überprüfen Sie jede einzelne Position, die Ihnen in Rechnung gestellt wird, genau. Lassen Sie sich dabei am besten von einer Schuldnerberatung helfen, denn oft ist die Rechnung viel zu hoch.
Wenn der Inkassodienst die Forderung vom Gläubiger gekauft hat, ist es nicht berechtigt, Inkassogebühren zu verlangen, weil es Inkasso in eigener Sache betreibt.
Erfolgt bei Inkasso ein Schufa-Eintrag?
Nur wenn die Forderung berechtigt ist und der Schuldner auch nach der 2. Mahnung nicht bezahlt, darf ein Schufa-Eintrag erfolgen.
Bestreitet der Verbraucher die Forderung jedoch und teilt dies dem Inkassounternehmen mit, so dürfen keine Daten des Schuldners übermittelt werden. Das Büro darf auch nicht mit einem Schufa-Eintrag drohen.
Wenn Sie befürchten, dass unberechtigte Schufa-Einträge existieren, können Sie von Ihrem Auskunftsrecht Gebrauch machen und die Löschung unzulässiger Einträge bzw. deren Berichtigung beantragen.
Wenn Gläubiger ein Inkassounternehmen beauftragen – Fazit
Es ist das gute Recht eines Gläubigers, ein Inkassobüro zu beauftragen. Verbraucher sollten sich jedoch keinesfalls einschüchtern oder verunsichern lassen, wenn sie von einem solchen Dienstleister angeschrieben und vielleicht sogar bedroht werden.
Das Gesetz schreibt genau vor, wie Gläubiger ihre Forderungen durchsetzen dürfen. Entweder benötigen sie hierfür einen gerichtlichen Mahnbescheid und anschließend einen Vollstreckungsbescheid, mit welchem sie die Zwangsvollstreckung in die Wege leiten können. Oder es muss ein Gerichtsverfahren abgeschlossen sein und ein vollstreckbarer Titel, z. B. in Form eines Urteils, vorliegen.
Prüfen Sie die geltend gemachten Forderungen genau. Wenn diese zurecht besteht, müssen Sie sie auch bezahlen.
Werden Sie hingegen aufgefordert, eine unberechtigte Forderung zu bezahlen, so können Sie dieser bereits nach Erhalt der Rechnung widersprechen und das Inkassobüro auf diesen Widerspruch verweisen. Bezahlen müssen sie dann nicht.
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Christopher S.
14. Juni 2019 um 8:39 Uhr
Leider gibt es in der Branche viel zu viele schwarze Schafe 🙁
auch wenn der Artikel jetzt ein paar Monate schon alt ist, finde ich Ihn sehr gut geschrieben und es sind auch gute Aufzählungen dabei die das ganze Transparenter machen, um den Leuten aufzuzeigen was bei Inkasso hintersteckt
Emma
6. Mai 2019 um 6:48 Uhr
Eine Freundin muss sich regelmäßig bei einem Unternehmen für Inkasso melden, weil ihre Kunden nicht pünktlich zahlen. Das hängt aber nicht mit deren Kreditwürdigkeit zusammen, sondern nur damit, dass sie nicht zahlen wollen. Es ist so ärgerlich.
Nami A.
26. Januar 2019 um 21:02 Uhr
Guten Tag,
sehr geehrte Damen und Herren,
jemand schuldet mir Geld.
Was bedeutet bei dem Mahnscheid: a) Anspruch hängt von Gegenleistung ab, wurde aber bereits erbracht, b) Anspruch hängt von Gegenleistung nicht ab?
Wo muss ich bitte ankreuzen?
Kästchen a) oder Kästchen b)
Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen
privatinsolvenz.net
18. März 2019 um 10:32 Uhr
Hallo Nami,
was Sie ankreuzen müssen, hängt von dem jeweiligen Fall ab. Ein Anspruch hängt von einer Gegenleistung ab, wenn Sie selbst auch eine Verpflichtung dem Schuldner gegenüber haben. Dies wäre z. B. der Fall, wenn Sie ihm ein Auto verkauft haben, er es bereits erhalten, jedoch noch nicht gezahlt hat. Haben Sie ihm nur Geld geliehen ohne eine Verpflichtung ihrerseits, sollte Kästchen B zutreffen.
Ihr Team von privatinsolvenz.net