In der europäischen Union gibt es, je nach Land, unterschiedliche Privatinsolvenzverfahren. In Deutschland liegt der Fokus von einem Insolvenzverfahren auf den Gläubigern.
Diese sollen möglichst viel von ihrem Geld zurückbekommen. Bei der EU-Insolvenz, also beim Ableisten Ihrer Schulden in einem Nachbarland, können erhebliche Vorteile für Privatpersonen und auch für Unternehmen entstehen.
EU-Insolvenz kurz zusammengefasst
Deutsche Staatsbürger dürfen nach dem EU-Recht auch in einem anderen EU-Mitgliedsstaat Insolvenz anmelden. Des Weiteren sieht die EU-Insolvenzverordnung eine gegenseitige Anerkennung von Insolvenzverfahren in den EU-Mitgliedsstaaten an.
Das hängt von den Regeln des jeweiligen Staates ab. In einigen EU-Ländern ist die Laufzeit bis zur Restschuldbefreiung deutlich kürzer als in Deutschland (etwa drei Jahre).
Der Schuldner muss seinen Lebensmittelpunkt gewöhnlich im jeweiligen Land haben, weshalb ein Umzug erforderlich ist.
Ratgeber zur EU-Insolvenz und zur schnellen Entschuldung
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Inhalte
Was steht in der EU-Insolvenzverordnung?
Die Europäische Insolvenzverordnung (EulnsVO) wurde im Juni 2017 verabschiedet. Sie regelt die gegenseitige Anerkennung der EU-Länder von Verbraucher- und Unternehmerinsolvenzverfahren. Das bedeutet, dass Sie Ihre Schulden, die Sie beispielsweise in Deutschland gemacht haben, in einem anderen EU-Land, zum Beispiel Lettland, abbauen können.
Ist die Restschuldbefreiung in diesem Land dann erreicht, muss sie laut EU-Insolvenzrecht auch in Deutschland anerkannt werden.
Sollte ich mich für eine EU-Insolvenz entscheiden?
Schulden sind meist nichts Angenehmes. Schuldner, die sich in einem Privatinsolvenzverfahren befinden, sind in ihrer finanziellen Freiheit stark eingeschränkt.
In Deutschland stehen die Gläubiger beim Begleichen der Schulden im Vordergrund. Hat der Verschuldete keinen Job, muss er sich um einen bemühen. Vom Gehalt wird alles für die Gläubiger gepfändet, was über der Pfändungsfreigrenze liegt.
In den Nachbarländern liegt der Fokus von einer EU-Insolvenz eher darauf, dem Schuldner so schnell wie möglich wieder ein normales Wirtschaftsleben zu ermöglichen. Daher ist die Zeit bis zur Restschuldbefreiung oft kürzer als sie in Deutschland ist.
Eine EU-Insolvenz kann somit einige entscheidende Vorteile mit sich bringen. Vor allem in Deutschland ist der Weg zur Restschuldenbefreiung lang. In einigen Mitgliedsstaaten erfolgt diese, nicht wie hier nach frühestens drei und höchsten sechs Jahren, sondern bereits nach 18 Monaten.
Dabei gibt es Unterschiede im Ablauf des Verfahrens, in den Voraussetzungen und eben auch in der Laufzeit. Vor allem die Voraussetzungen stellen oft eine Hürde für deutsche Schuldner dar.
Da eine EU-Insolvenz mit einigen Herausforderungen vor allem in der Bürokratie der einzelnen Länder verbunden ist, empfiehlt es sich, eine Schuldnerberatung hinzuzuziehen, die sich auf EU-Insolvenz spezialisiert hat.
Wie sind die Voraussetzungen für eine EU-Insolvenz in einem Nachbarland?
Der wichtigste Punkt, damit Sie vom EU-Insolvenzrecht Gebrauch machen können, ist dass Sie Ihren Lebensmittelpunkt in der Regel im jeweiligen Land haben müssen. Denn das EU-Insolvenzverfahren muss in dem Land eröffnet werden, in welchem es auch abgeleistet werden soll.
Lebensmittelpunkt bedeutet in manchen Ländern Hauptwohnsitz und in anderen reicht es aus, dort eine Wohnung zu mieten, ein Konto zu eröffnen und einen Telefonvertrag abzuschließen. Den Lebensmittelpunkt nachweisen können Sie zum Beispiel über mehrere Steuerbescheide aus dem jeweiligen Land, sowie Strom- oder Wasserabrechnungen.
Um eine EU-Insolvenz gut durchzustehen, bietet es sich natürlich an, auch die Sprache aus dem jeweiligen Land zu lernen. Schließlich werden Sie dort oft mindestens ein Jahr verbringen und wollen sich sicher nicht die ganze Zeit nur um Ihre Schulden kümmern.
Zudem sollte das Insolvenzverfahren in Deutschland noch nicht eröffnet worden sein. Sonst müssen Sie die Schulden in Deutschland begleichen. Laut EU-Insolvenzverordnung § 220a IO haben alle EU-Staaten das Recht zu erfahren, ob ein EU-Bürger in einem der Mitgliedsstaaten eine EU-Insolvenz beantragt hat, wodurch die Länder schnell in Erfahrung bringen können, ob bereit ein Insolvenzverfahren in einem anderen Staat läuft.
Allerdings ist natürlich ein gewisses Startkapital von Nöten, um den neuen Wohnsitz im Ausland zu errichten. Schuldner verfügen meist nicht über ein solches, weshalb eine EU-Insolvenz in einem Nachbarland mehr als ein Mal durchdacht werden sollte, trotz Verlockung durch kurze Laufzeiten bis zur Restschuldbefreiung.
Wie sieht eine EU-Insolvenz in England aus?
Um eine EU-Privatinsolvenz in England zu durchlaufen, müssen Sie Ihren Wohnsitz dorthin verlegen. Gerichte prüfen, ob dies spätestens zwei Monate bevor Sie den Antrag auf Entschuldung stellen, geschehen ist. Außerdem ist ein Nachweis über den Lebensmittelpunkt in England seit mindestens sechs Monaten erforderlich. Zudem sind die Lebenshaltungskosten in England recht hoch.
Jedoch gibt es keine Wohlverhaltensphase wie in Deutschland. Diese ist oft mit zahlreichen Einschränkungen verbunden. So dürfen Sie währenddessen hierzulande beispielsweise keine Ratenverträge aufnehmen, solange das Verfahren läuft.
Außerdem ist das Verfahren von sehr kurzer Dauer. In einigen Fällen kann es nur sechs bis acht Monate in Anspruch nehmen. Maximal zwölf Monate dürfen aber dafür angesetzt werden. Zudem fallen dafür meist keine hohen Kosten an. Das Gericht ordnet am Ende automatisch die Restschuldbefreiung an.
Bei einer EU-Insolvenz in England sollten Sie eventuell die Entscheidung und die möglichen Folgen des Brexit (EU-Austritt des Vereinigten Königreichs) abwarten. Es könnte unter Umständen dazu kommen, dass eine Restschuldbefreiung in England dann nicht mehr in Deutschland anerkannt wird.
Übrigens ist auch Irland von den Auswirkungen des Brexit betroffen. Die irische EU-Insolvenz war bis zuletzt auf Grund ihrer sehr kurzen Laufzeit von nur zwölf Monaten sehr attraktiv. Jedoch werden irische Restschuldbefreiungen immer häufiger annulliert, weil sie in Deutschland nicht mehr anerkannt werden.
Was sollten Sie über die EU-Insolvenz in Spanien wissen?
Für eine spanische EU-Insolvenz muss spätestens 3 Monate vor Antragstellung der feste Wohnsitz, also der Lebensmittelpunkt, dorthin verlegt werden. Auch hier läuft das Verfahren dann recht schnell: Ein bis anderthalb Jahre dauert es normalerweise.
Sie dürfen dann für die nächsten fünf Jahre keine neuen Schulden verursachen. Aber auch hier gibt es keine Wohlverhaltensphase wie in Deutschland. Ein festes Einkommen ist allerdings erforderlich.
Damit die spanische EU-Insolvenz hierzulande anerkannt wird, ist eine Beglaubigung und Übersetzung der Unterlagen notwendig. Allerdings kann die Restschuldbefreiung annulliert werden, falls die Behörden den Eindruck gewinnen, dass der Lebensmittelpunkt nur augenscheinlich nach Spanien verlagert worden ist. Fragen Sie einen Schuldnerberater, bei Unsicherheiten zwecks der Beglaubigung.
Ausgenommen von der Restschuldbefreiung sind übrigens Unterhaltszahlungen und Geldstrafen auf Grund von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten. Dies gilt für weitere europäische Länder, wie zum Beispiel Frankreich, und sollte bei der Entscheidung über eine EU-Insolvenz berücksichtigt werden.
Und wie sieht die EU-Insolvenz in Frankreich aus?
Wie bereits erwähnt, umfasst die Restschuldbefreiung in Frankreich keine eventuelle Verschuldung aus Unterhaltszahlungen oder offenen Geldstrafen. Zudem dauert das Insolvenzverfahren etwas länger als in den zuvor beschriebenen EU-Ländern (etwa zwölf bis 18 Monate) und kann je nach Art des Verfahrens variieren. Denn dort gibt es nicht nur eine Möglichkeit der Insolvenz.
In Frankreich fallen keine Gerichtskosten an. Sie zahlen lediglich den Insolvenzverwalter. Und die Restschuldbefreiung erfolgt wie in England automatisch.
Der Lebensmittelpunkt muss sechs Monate vor dem Verfahren bereits in Frankreich liegen, was durch ein Gericht kontrolliert wird. Auch hier kann eine Annullierung erfolgen, wenn dies nur zum Schein geschah.
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