Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält viele Vorschriften zum Schutz des Gläubigers, also desjenigen, der von einem anderen, dem Schuldner, etwas fordern kann.
Die Regelungen zum Annahmeverzug, der auch Gläubigerverzug genannt wird, schützen hingegen den Schuldner. Dieser Ratgeber verrät Ihnen, wo Sie Vorschriften zum Annahmeverzug finden, welche Rechte sie Gläubigern und Schuldners zuweisen und was die Folgen sind, wenn der Gläubiger im Verzug mit der Annahme ist.
Annahmeverzug kurz zusammengefasst
Beim Annahmeverzug nimmt der Gläubiger eine Leistung, die ihm der Schuldner tatsächlich und vertragsgemäß anbietet, nicht rechtzeitig an. Weitere Informationen zum Ablauf finden Sie hier.
Der Annahmeverzug ist in den §§ 293 ff. BGB normiert. Die Pflicht des Schuldners, also die Erfüllung der Schulden, muss möglich sein. Er muss zu einer Leistung berechtigt, bereit und imstande sein und dem Gläubiger die Leistung rechtsgemäß anbieten. Der Gläubiger, der diese Leistung dann nicht annimmt, befindet sich im Annahmeverzug.
Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung anbietet und der Arbeitgeber diese zurückweist, obwohl er rechtlich zur Annahme verpflichtet wäre. Ein Beispiel dafür ist, wenn der Arbeitnehmer arbeiten will, doch der Arbeitgeber ihn freigestellt hat. Dann wird der Arbeitnehmer gem. § 615 BGB von der Verpflichtung zur Arbeit frei und muss die Arbeitszeit nicht nachholen. Weitere Beispiele lesen Sie hier nach.
Inhalte
Was ist der Annahmeverzug nach § 293 BGB?
Der Annahmeverzug liegt laut Definition vor, wenn der Gläubiger die Leistung, die der Schuldners vertragsgemäß angeboten hat und die möglich gewesen wäre, nicht rechtzeitig zum Zeitpunkt der Leistung annimmt.
Spezielle Bestimmungen zum Ausmaß und den Folgen vom Gläubigerverzug enthält das BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in den §§ 293 ff.
Ablauf des Annahmeverzugs
Beim Annahmeverzug bietet eine Person einer anderen eine Leistung an. Eine Leistung kann dabei eine Handlung oder ein Unterlassen sein. Beispielsweise möchte die Person einen Gegenstand übergeben oder bietet ihre Arbeitsleistung oder eine Dienstleistung an. Der Gläubiger nimmt im Anschluss die Leistung nicht an, obwohl der Schuldner ein Recht auf die Abnahme hat.
Der Annahmeverzug liegt nach § 298 BGB auch vor, wenn der Gläubiger bei einer Leistung Zug-um-Zug zur Abnahme der Leistung bereit ist, die Gegenleistung aber nicht anbietet. Eine Zug-um-Zug-Leistung kommt häufig in Dienstleistungsverträgen im Zusammenhang mit Handwerkern oder Beratungsdienstleistern vor. Einen weiteren Anwendungsfall bildet im Mietrecht die Mietzahlung gegen Übergabe der Mietsache.
Was ist ein Annahmeverzug zum Beispiel?
Ein Gläubigerverzug kann in der Praxis in den verschiedensten Lebensbereichen Anwendung finden. Vor allem im Mietrecht und Arbeitsrecht treten Fälle auf, in denen Mieter oder Arbeitgeber die angebotene Leistung nicht annehmen.
Häufig zeigt sich in der Realität des Arbeitsrechts ein Annahmeverzug zum Beispiel dadurch, dass der Arbeitnehmer nach dem Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr beschäftigt wird, wenn sich im Kündigungsschutzverfahren später die Unwirksamkeit der Kündigung herausstellt. Weitere Beispiele sind die Freistellung des Arbeitnehmers oder die rechtswidrige Aussperrung im Arbeitskampf.
Der Unterschied vom Gläubigerverzug zum Schuldnerverzug
Bei einem Schuldnerverzug erbringt der Schuldner trotz einer fälligen Mahnung nicht die geforderte Leistung, zumindest nicht zur vereinbarten Zeit, am vereinbarten Ort oder auf die vereinbarte Weise. Der Schuldnerverzug ist in § 286 BGB gesetzlich festgehalten. Beim Annahmeverzug oder Gläubigerverzug dagegen nimmt der Gläubiger die Leistung trotz Angebot des Schuldners nicht an.
Was sind die Voraussetzungen vom Annahmeverzug?
Damit man von einem gesetzlichen Annahmeverzug mit all seinen Folgen und Rechtswirkungen reden kann, müssen ein paar Faktoren zusammenkommen.
Für den Gläubigerverzug gelten folgende Voraussetzungen:
- Der Schuldner muss zur Leistung berechtigt, dazu bereit und imstande sein.
- Der Schuldner muss dem Gläubiger weiterhin die Leistung tatsächlich und ordnungsgemäß anbieten.
- Der Gläubiger nimmt die Leistung nicht an.
Ist der Schuldner nicht imstande, die Leistung zur Zeit des Angebots zu bewirken, also ist es ihm unmöglich, die Leistung zu erbringen, kommt der Gläubiger nicht in Verzug.
Das tatsächliche Angebot beim Annahmeverzug kann dabei auch lediglich ein wörtliches Angebot sein und muss nicht immer schriftlich erfolgen. Das gilt allerdings nur, wenn der Gläubiger erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde oder wenn er eine Handlung vornehmen muss, wie eine Sache abzuholen. In bestimmten Fällen ist sogar kein Angebot notwendig, zum Beispiel, wenn für die Handlung, die der Gläubiger tätigen muss, eine genaue Zeit nach dem Kalender bestimmt ist. Während das BGB genauere Vorschriften zum wörtlichen Angebot in § 295 enthält, schreibt § 296 die Entbehrlichkeit des Angebots fest.
Annahmeverzug: Welche Rechtsfolgen ergeben sich dadurch?
Die §§ 300 bis 304 BGB legen für den Annahmeverzug die Folgen fest. Ab dem Zeitpunkt vom Annahmeverzug hört die Pflicht zur Verzinsung auf. Der Schuldner muss keine Zinsen mehr zahlen. Eine weitere Folge ist, dass der Schuldner beim Gläubigerverzug keinen Schadensersatz mehr zahlen muss, wenn die Leistung nach Eintritt des Annahmeverzugs unmöglich ist. Er muss lediglich zahlen, wenn er die Unmöglichkeit der Leistung durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit selbst herbeigeführt hat.
Ab dem Annahmeverzug kann der Schuldner zudem Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten hinterlegen. Für die Wirkung des Annahmeverzuges ist es wichtig, das rechtliche Gewicht des Gefahrübergangs zu verstehen.
Die Bedeutung des Gefahrenübergangs
Die Gefahrtragung geht in dem besonderen Fall des Annahmeverzugs auf den Gläubiger über. Normalerweise trägt der Schuldner das Risiko dafür, dass die Sache, die zu übergeben ist, Fehler hat oder nicht im vereinbarten Zustand ist. Gleiches gilt für weitere Leistungen wie etwa Dienstleistungen. Wird beim Transport zum Beispiel der Verkaufsgegenstand zerstört, muss der Verkäufer dafür aufkommen, solange die Sache nicht übergeben wurde.
Der Annahmeverzug steht der Übergabe gleich. Der Schuldner (im Beispiel der Verkäufer) soll nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass der Gläubiger (im Beispiel der Käufer) den Gegenstand nicht angenommen hat, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Der Verkäufer hat in diesem Fall alles Erforderliche und in seiner Macht Stehende getan, den Gegenstand seinem Käufer zu übergeben.