In Deutschland dauert die Privatinsolvenz normalerweise sechs Jahre. Den wenigsten Schuldnern gelingt es, das Verfahren auf fünf oder drei Jahre zu verkürzen. Aufgrund dieser langen Dauer und auch aufgrund der damit verbundenen, teilweise komplizierten Regeln suchen viele Betroffene einen einfacheren Weg.
Eine Lösung könnte die Insolvenz im EU-Ausland sein, die ebenfalls mit einer EU-weit anerkannten Restschuldbefreiung endet. Denkbar ist beispielsweise eine Privatinsolvenz in Lettland, Spanien oder Frankreich. Vor allem in den beiden zuerst benannten Ländern ist das Insolvenzverfahren im Vergleich zum deutschen Verfahren sehr kurz.
Privatinsolvenz im Ausland kurz zusammengefasst
Ja, das ist möglich. Soweit Staatsbürger eines EU-Mitgliedsstaates die insolvenzrechtlichen Voraussetzungen im Wunschland erfüllen, können sie dort Privatinsolvenz anmelden.
Sie müssen vor Anmeldung der Privatinsolvenz im Ausland dort leben, also Ihren Lebensmittelpunkt von Deutschland in das EU-Land verlegen, in dem Sie Insolvenz beantragen wollen. Das bedeutet vor allem: Keine EU-Privatinsolvenz ohne Wohnsitz im Ausland.
Normalerweise gilt die Restschuldbefreiung nach einer EU-Insolvenz europaweit. Sollte es dennoch Probleme mit der Anerkennung geben, empfiehlt sich eine anwaltliche Beratung.
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Voraussetzungen und Ablauf einer EU-Privatinsolvenz im Ausland
Auch wenn die Verlockung groß ist, eine schuldnerfreundliche EU-Privatinsolvenz zu absolvieren, als sich durch das deutsche Insolvenzverfahren zu kämpfen – dieser Schritt will gut überlegt und vor allem sehr gut vorbereitet sein, und zwar mithilfe spezialisierter und seriöser Rechtsanwälte.
Es ist zwar möglich, die Insolvenz im Ausland auch auf eigene Faust ohne Anwalt zu durchlaufen. Allerdings birgt dies eine hohe Gefahr, dass das Insolvenzverfahren aufgrund eigener Fehler und Unkenntnis scheitert. Außerdem kann die Privatinsolvenz im Ausland dann schnell zur Kostenfalle werden.
Im Groben läuft eine Privatinsolvenz im EU-Ausland wie folgt ab:
- genaue Planung und sorgfältige Vorbereitung der Insolvenz
- Umzug ins Ausland (Verlagerung des Lebensmittelpunkts)
- Vorbereitung des Insolvenzantrags und anschließende Beantragung
- Wohlverhaltensphase mit anschließender Restschuldbefreiung
Früher war auch England beliebt für eine Privatinsolvenz im EU-Ausland. Aufgrund des Brexit ist die Rechtslage jedoch ungewiss, was die Anerkennung der in Großbritannien erteilten Restschuldbefreiung betrifft.
Planung und Vorbereitung der EU-Privatinsolvenz
Schuldner, die sich entschlossen haben, die Privatinsolvenz im Ausland zu absolvieren, sollten sich zuerst umfassend hierzu beraten lassen. Wählen Sie hierfür einen seriösen Rechtsanwalt, der sich mit dem ausländischen Insolvenzrecht genau auskennt und Ihnen im Idealfall auch Ansprechpartner für Behördengänge vor Ort zur Seite stellt.
Der Anwalt analysiert genau Ihre persönliche und finanzielle Situation und deckt mögliche Hürden auf, die Ihre Restschuldbefreiung gefährden könnten. Anschließend erarbeitet er mit Ihnen einen Plan zur Vorgehensweise und wählt mit Ihnen den passenden Standort für Ihre Privatinsolvenz im Ausland.
Verlagerung des Lebensmittelpunkts ins Wunschland
Ein wesentlicher, nicht zu unterschätzender Schritt ist die Verlagerung des eigenen Lebensmittelpunkts in den gewählten EU-Mitgliedsstaat. Eine EU-Privatinsolvenz ist ohne Umzug ins Ausland nicht machbar.
Der Schuldner muss aber nicht nur seinen Wohnsitz in ein anderes Land verlagern. Um dem Insolvenzgericht nachweisen zu können, dass sein Lebensmittelpunkt nun beispielsweise ein Spanien, Frankreich oder Lettland liegt, bedarf es noch mehr:
- Sie benötigen ein Bankkonto direkt vor Ort, wenn Sie Privatinsolvenz im EU-Ausland anmelden wollen, und im Idealfall auch einen Telefonvertrag.
- Ohne Job wird es schwierig. Gerade in Lettland müssen Sie dort vor Ort arbeiten und Steuern zahlen. Auch in Frankreich benötigen Sie ein Arbeitsverhältnis und müssen außerdem gute französische Sprachkenntnisse mitbringen.
- Zum Lebensmittelpunkt gehört auch ein entsprechendes soziales Leben mit Freizeitaktivitäten und Freunden vor Ort oder Arbeitskollegen, mit denen sich der Schuldner auf ein Feierabendbier trifft.
Normalerweise müssen Schuldner ihren Lebensmittelpunkt sechs Monate in ihrem Wunschland haben, bevor sie dort die Insolvenzeröffnung beantragen können.
Sollten Gläubiger mitbekommen, dass ihr Schuldner versucht, die Privatinsolvenz im Ausland anzumelden, versuchen diese möglicherweise, dem zuvorzukommen, indem sie dessen Privatinsolvenz in Deutschland beantragen und damit die EU-Insolvenz verhindern.
Des Weiteren können Gläubiger versuchen nachzuweisen, dass der Schuldner seinen neuen Lebensmittelpunkt nur vortäuscht. Lassen Sie sich daher auch in diesen Punkten umfassend von einem Anwalt beraten.
Vorbereitung des Insolvenzantrags und Beantragung der Privatinsolvenz im Ausland
Während der besagten sechs Monate bereiten Schuldner und Anwalt alle für den Insolvenzantrag erforderlichen Unterlagen vor. Auch dieser Schritt bedarf sorgfältiger Planung. Anderenfalls könnte das Insolvenzgericht den Antrag beanstanden, was das Verfahren unnötig in die Länge zieht.
Ist der Eröffnungsantrag hingegen korrekt und vollständig, wird das Gericht kurz nach der Einreichung die EU-Privatinsolvenz im Ausland eröffnen und bekanntmachen. Nun müssen die Gläubiger ihre Forderungen anmelden. Anschließend wird der Insolvenzverwalter gegebenenfalls vorhandenes Schuldnervermögen verwerten und an die Gläubiger verteilen.
Wohlverhaltensphase und Restschuldbefreiung
Ähnlich wie in Deutschland sieht auch das Insolvenzrecht anderer EU-Länder eine sogenannte Wohlverhaltensphase vor. Deren Dauer kann von Land zu Land variieren und auch von verschiedenen Faktoren abhängen. Während sie in Deutschland normalerweise sechs Jahre in Anspruch nimmt, dauert sie beispielsweise in Lettland nur 6 bis 36 Monate.
Im Anschluss an die Wohlverhaltensphase spricht das Gericht die Restschuldbefreiung aus, die in der Regel in der gesamten EU anerkannt wird. Damit ist die Privatinsolvenz im Ausland beendet und der Schuldner schuldenfrei.
Sobald der Schuldner die Urkunde zur Restschuldbefreiung erhalten hat, empfiehlt es sich, die Gläubiger darüber zu informieren. Normalerweise wird die Restschuldbefreiung aus anderen EU-Ländern in Deutschland anerkannt. Sofern dennoch Schwierigkeiten entstehen, hilft ein Anwalt, die Anerkennung hierzulande durchzusetzen.
Exkurs: Privatinsolvenz in Deutschland
Neben der EU-Insolvenz gibt es auch beim deutschen Verbraucherinsolvenzverfahren Fragen mit Auslandsbezug. Auf diese wollen wir im Folgenden kurz eingehen.
Zum einen stellt sich die Frage, ob Schuldner während ihrer Privatinsolvenz ins Ausland reisen dürfen. Tatsächlich könnte er dadurch in Schwierigkeiten geraten und zwar in zweierlei Hinsicht:
- Auslandsreisen sind meistens nicht billig. Der Schuldner verpflichtet sich aber während seiner Insolvenz zu einem bescheidenen und für seine persönlichen Verhältnisse angemessenen Lebensstil. Verschwendet er Vermögen oder geht er unangemessene Verbindlichkeiten ein, können die Insolvenzgläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen.
- Wer zahlungsunfähig ist und trotzdem neue Verbindlichkeiten eingeht, macht sich unter Umständen wegen eines Eingehungsbetrugs strafbar und riskiert neben einer Strafe ebenfalls eine Versagung der Restschuldbefreiung.
Eine zweite Frage lautet: Betrifft die Privatinsolvenz Eigentum im Ausland? Mit anderen Worten: Gehört Vermögen, das der Schuldner im Ausland besitzt, zur Insolvenzmasse? Die Antwort darauf lautet, ja, grundsätzlich erfasst die Insolvenzmasse auch Auslandsvermögen.
Befindet sich das Vermögen im EU-Ausland, so entfaltet die Insolvenzeröffnung in Deutschland Auslandswirkung in allen EU-Staaten. Infolgedessen unterliegt auch das gesamte Schuldnervermögen dem Insolvenzbeschlag in Deutschland.
Außerhalb der EU ist diese Auslandswirkung jedoch nicht immer anerkannt, falls es entsprechende bi- oder multilaterale Vereinbarungen zwischen den Staaten gibt. Dann kann es Schwierigkeiten geben, die vom deutschen Insolvenzgericht angeordnete Beschlagnahme des Auslandsvermögens umzusetzen.
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